Wedding Diaries: Die Gästeliste – Wer soll dabei sein?

Hochzeit feiern? Auf jeden Fall! Aber mit wem? Und mit wievielen Gästen? Darüber kann man sich stundenlang den Kopf zerbrechen. Familie, Freunde, Bekannte… und was ist mit Leuten aus der Familie, mit denen man wenig zu tun hat? Partner mit einladen – ja oder nein? Tausend Dinge, die man berücksichtigen muss. Lest hier, wie unsere Gästeliste mit ca. 100 Gästen zustande gekommen ist. Und wie wir eine Sitzordnung zusammengestellt haben.

Eine Verlobung ist unendlich aufregend! Schon am Morgen nach dem Antrag habe ich mich an die Gästeliste gesetzt. Wir hatten keinen Termin, keine Preisvorstellung, keine Location. Aber ich war um sechs Uhr morgens hellwach und musste etwas mit meiner Energie anstellen. Das waren wohl die Brauthormone. Also Laptop auf und Namen hinschreiben. So hatten wir einen ersten Überblick und wussten: Es werden keine 50 Leute, sondern deutlich mehr.

Wen muss man einladen? – Niemanden!

Die Antwort darauf ist denkbar einfach: Niemanden. Aber trotzdem bekommt man in der Familie schnell das Gefühl man müsse noch diese oder jene Person auf die Gästeliste packen. Und deren Partner und deren Kinder. Und überhaupt. Was ist eigentlich mit Großonkel XY und mit der Cousine zweiten Grades in den USA? Man könnte gefühlt die ganze Welt einladen, wenn man zu viel Geld rumliegen hat oder einen Kredit aufnehmen möchte. Wir wollten das nicht. Aber unsere Familien sind relativ groß, wir haben Kontakt zu allen Onkels und Tanten und zu deren Kindern auch. Wo zieht man da die Grenze? Und was ist mit den Freunden? Die fehlen ja bis dahin noch komplett.

Puh.

Bei uns war schnell klar, dass wir eine Location brauchen, wo mehr als 90 Leute reinpassen. Sonst hätten wir nur mit Eltern, Geschwistern und engsten Freunden feiern können. Wir sind aber beide Familienmenschen und wollten das Fest gerne mit Freunden und Verwandten teilen. Darum geht es ja schließlich bei einer Hochzeit: Familie.

Hochzeit Aachen
Scheune von Gut Hebscheid: Unser Abend

Familie und engste Freunde

Also haben wir uns darauf geeinigt, dass wir bis hin zu Onkels und Tanten einladen. Genauso Cousins und Cousinen und deren feste Partner. Außerdem natürlich die Großeltern, die noch dazu in der Lage waren, dabei zu sein. Und mit dieser Entscheidung waren wir dann bei knapp 80 Personen. Da mussten wir einmal schlucken, denn inzwischen hatten wir bei der Recherche nach der passenden Location erfahren, dass man pro Gast mit mindestens 80 Euro rechnen sollte. Eher mehr. Im Kopf habe ich sofort alle Hebel auf Sparmodus umgestellt.

Die Schwierigkeit: Den Spagat hinbekommen zwischen niemanden in der Familie enttäuschen und trotzdem keine Leute einladen zu müssen, mit denen man eigentlich nichts zu tun hat. Klar haben auch wir zu vereinzelten Leuten aus der Familie wenig Kontakt. Aber nur sie nicht einladen, das konnten und wollten wir uns einfach nicht vorstellen.

Aber bis dahin standen noch keine Freunde auf der Gästeliste. Gar keine! Da mussten wir uns stark begrenzen, denn es stand fest, dass maximal etwa 100 Leute in der Scheune sitzen und essen können. Mehr Platz ist nicht da.

DIY Dekoration Hochzeit
Die Scheune von Gut Hebscheid

Eigentlich hätten wir gerne ca 125 Leite eingeladen. Aber davon, dass über 20 Leute absagen, kann man leider nicht ausgehen. Bei der Location haben sie uns später gesagt, dass bei Hochzeiten ca 10 – maximal 15 % absagen. Bei uns waren es leider am Ende doch etwas mehr. Auch sehr kurzfristig. Aber das konnten wir zum Zeitpunkt der Planung noch nicht wissen.

Über die Gästeliste haben wir tatsächlich lange diskutiert und am Ende entschieden: Nur enge Freunde, mit denen wir noch viel zu tun haben und deren feste Partner werden zum Abendessen und zur Zeremonie eingeladen. Exfreunde etc. nicht. Auch kein generelles +1. Gute Freunde, die man gerne noch dabei hätte, die aber nicht zum engsten Kreis gehören, haben wir ab 22 Uhr zur Party eingeladen. Da haben wir auch bei den Einladungen von Anfang an mit offenen Karten gespielt. Damit sich keiner am Ende wundert, dass andere Leute schon früher eingeladen waren.

Als in der Woche vor der Hochzeit spontan noch Menschen abgesagt haben, konnten wir einige Gäste vorziehen: Wir haben Freunde der 22 Uhr-Liste gefragt, ob sie spontan früher kommen möchten. Und siehe da: Sie wollten alle! Darüber habe ich mich unendlich gefreut.

Und am Ende? Es wurde bis spät getanzt und gerade auch die Leute, die erst später kamen, haben nochmal frischen Wind auf die Feier gebracht. Das war wirklich fantastisch.

Hochzeit
Gut Hebscheid Aachen: Unsere Party

Die Sitzordnung

Wer neben wem? Die Sitzordnung wollte ich eigentlich schon im August machen. Dann kam das Leben dazwischen und am Ende bin ich froh drum. Denn kurz vor der Hochzeit hat sich nochmal so viel an der Gästeliste geändert, dass ich sie komplett neu hätte machen müssen.

Für die Sitzordnung gibt es die unterschiedlichsten Optionen: Man kann beispielsweise nur vorgeben, wer alles an einem Tisch sitzt und die Menschen suchen sich an dem Tisch ihren Platz aus. Andere setzen die Menschen zusammen, die sich kennen. Wieder andere machen unvorstellbares und setzen alle Singles an einen „Single-Tisch“. Davon kann ich nur abraten. Und nochmal andere trennen alle, die sich kennen (auch die Paare) und setzen dich neben komplett fremde Menschen. Das habe ich auf der Hochzeit eines adeligen Freundes erlebt. Hat auch Vor- und Nachteile. Man fühlt sich erstmal ziemlich verloren und allein, lernt aber so gezwungener Maßen neue Leute kennen.

DIY Deko Hochzeit Aachen
Gut Hebscheid: Die Sitzordnung

Uns war das eine zu kuschelig und das andere zu krass. Wir haben uns daher für die Mischung entschieden: Niemand sollte ganz allein sitzen (ohne jemanden, den er kennt), aber auch nicht nur unter Bekannten. Also haben wir die Tische gemischt: Zu Leuten, die sich kennen, haben wir immer auch ein paar gesetzt, die sie noch nie gesehen hatten. Auch damit sich unsere Familien kennenlernen. Das war viel Arbeit, denn immer wieder hat ein Platz gefehlt und es blieb jemand alleine übrig. Oder die Mischung an einem Tisch hat nicht gestimmt (zwischen Raphaels Familie und meiner und zwischen jung und alt). Mir war es wichtig, dass die Tische ausgeglichen sind. Und das war hoch komplex. Aber am Ende war ich zufrieden.

Bis heute habe ich das Gefühl, dass das ganz gut funktioniert hat und dass die Idee aufgegangen ist. Auch wenn wir nicht an jedem Tisch Mäuschen spielen konnten: Hinterher haben Menschen Tanzgruppen gebildet, die sich definitiv vorher nicht kannten. Und das allein hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.

Hochzeit Gut Hebscheid
Die Sitzordnung live

Hier die unterschiedlichen Optionen und Tipps:

  • Engster Familienkreis zur Hochzeit. Separate Party für Freunde. So haben es Bekannte von uns gemacht. Allerdings fühlt es sich dann nicht mehr so nach Hochzeit an, sondern nach Geburtstagsfeier.
  • Nur Leute aus der Familie einladen , mit denen man wirklich etwas zu tun hat. Und hoffen, dass es einem nicht für immer nachgetragen wird.
  • Familie und enge Freunde zur Hochzeit – klappt gut bei kleineren Familien.
  • Große Feier mit Freunden und Familie – und einige Freunde erst zur Party am Abend einladen. So haben wir es gemacht und es hat gut funktioniert. Birgt aber natürlich einige Schwierigkeiten: Man muss aufpassen, dass das Programm so geplant ist, dass die neuen Gäste auch wirklich willkommen sind, wenn sie ankommen. Und, dass dann nicht gerade noch ein Programmpunkt stattfindet oder ähnliches. Wenn Leute spontan kurz vor der Hochzeit absagen, kann man so außerdem noch die Party-Gäste fragen, ob sie Lust haben, früher zu kommen. Das hat bei uns hervorragend funktioniert.
  • Auf der Suche nach der eigenen Linie muss ich euch das großartige und bekannte Buch von Thomas Sünder ans Herz legen: „Wer ja sagt, darf auch Tante Inge ausladen“.

Fotos: Tomek Wozniakowski

Teil 3: Roadtrip Kalifornien: Alleine von San Francisco nach Los Angeles

Nach der tollen Zeit in Santa Cruz, Cambria und Pismo Beach geht es auf die letzte Etappe: Ich fahre nach Santa Monica bevor ich von Los Angeles zurückfliege. Der letzte Teil meines Roadtrips alleine. Fest steht: Lange Autofahrten mag ich noch immer nicht. Jeder Zwischenstop am Meer lohnt sich. Lest hier wie das letzte Stück meiner Reise war. Am Ende habe ich Tipps für euren Roadtrip zusammengefasst.

Hier gelangt ihr zu Teil 1 und Teil 2 des Trips.

Zwischenstopp in Santa Barbara und Malibu

Auf dem Weg halte ich erst in Santa Barbara und schaue den Skatern zu. Sie sausen durch die Halfpipe und springen mit ihrem Mut um die Wette. Und ich bewundere sie wie damals mit 13 am Elisenbrunnen in Aachen.

Mit dem Herzen voller Nostalgie fahre ich weiter in Richtung Süden. Und stoppe in Malibu. Das hatte ich mir ewig vorgenommen. Die Sonne strahlt wie erhofft. Ich drehe Malibu von Miley Cyrus auf dem Handy auf und stehe da – mit Blick auf das Meer; Und die Vögel; Und den Strand. Es ist einfach ein kleiner Popsong. Weil aber gerade alles zusammenpasst, werden die Noten zu fliegenden Glücksgefühlen, die um mich herumfliegen und mich einhüllen in Freude und Dankbarkeit. Ich habe es fast geschafft. Bald bin ich in Santa Monica. Ich kann anhalten wo ich möchte. Mit mir an meiner Seite fühle ich mich vollkommen und frei.

Es macht unendlich viel Spaß. Diesen Trip und diese Reise hätte ich mir vorher nie ausmalen können.

Santa Barbara

Santa Monica & Los Angeles

In Santa Monica wohne ich bei einem Bekannten meiner besten Freundin. Bill hat zwei kleine Gartenhäuser hinter seinem Haupthaus. Und in einem davon darf ich wohnen. Er zeigt mir das Häuschen mit den großen Fenstern. Und ich fühle mich wie Ryan in seinem Pool-Haus in O.C. California. Mit dem feinen Unterschied, dass es hier keinen Pool gibt. Aber das sind Details. Ich habe ein Bad, ein Bett, eine Küche und bin in 10 Minuten zu Fuß am Strand. Was will ich mehr.

Santa Monica

L.A.: City of Cars

Ich stelle mein Auto ab und beschließe nur noch wenig zu fahren. Denn Los Angeles ist voller Stau. Mein Handy bestätigt es. Für ein paar Kilometer zur Melrose Avenue brauche ich mindestens eine Stunde. Das tue ich mir nicht an und bestelle mir ein Lyft-Line – ein geteiltes Taxi.

Gemeinsam mit anderen Fahrgästen machen wir uns auf den Weg durch die vollen Straßen von Los Angeles. City of Stars? Das ist wirklich die City of Cars!

Stehen. Rollen. Stehen. Stehen. Der Lyft-Fahrer erzählt, dass er diese Fahrt nur angenommen hat, um ein paar Dollar extra zu verdienen. Denn wer fünf Fahrten am Stück macht (5 in a row) verdient ein bisschen was dazu. Ich merke wie sehr er diese Entscheidung bereut. Er ist müde. Das lohnt sich nicht. Die zusätzlichen Dollar werden für den Sprit im Stau draufgehen. Traurig. So viele Menschen mit Träumen ziehen jeden Tag durch L.A. Und so wenige Träume werden am Ende wahr.

Melrose Avenue Los Angeles

Melrose Avenue

Zwei mal baut der müde Fahrer fast einen Unfall. Ich bin froh, als ich nach 90 Minuten aussteigen darf und muss lachen:

Ich gestehe, ich bin hierher gefahren, um ein paar der typischen „Los Angeles-Fotos zu machen.“ Lohnt sich das? Keine Ahnung. Aber mir macht es Spaß durch die Straße zu laufen, die Schaufenster der bunten und teuren Boutiquen zu bewundern und nach Wandgemälden zu suchen.

Melrose Avenue

Im Abendlicht knipse ich die Neonbilder. Und stelle mich an, um auch ein Bild vor dem Engel zu haben. Als Andenken. Das ist längst nichts besonderes mehr. Und doch finde ich das Motiv wunderschön. Es passt zum Ort und zu meiner Reise. Und ich bin dankbar, als ein junges Mädchen ein paar Bilder von mir vor den Flügeln aufnimmt. Meine Reise. Mein Moment. Mein Andenken. Meine Flügel.

Melrose Avenue

Hinterher gehe ich in ein hübsches Restaurant. „How many?“ „Just me“. Kurz werde ich rot, als ich einen Tisch nur für mich bestelle. Und sobald ich sitze, genieße ich es. Ich habe Ruhe und Zeit. Zwischendurch schnappe ich Gesprächsfetzen um mich herum auf. Es geht um… Filmemacher und Storytelling. Ironisch, denke ich. Als gäbe es in Los Angeles keine anderen Themen als Filme und Hollywood. Ein lustiger Zufall.

Ich bestelle eine Burger-Bowl und in Vorfreude auf Fleisch läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Umso enttäuschter bin ich, als ich hinterher merke: Das Restaurant ist vegan. Und mein Burger auch. Mist – da hätte ich besser aufpassen müssen. Gleichzeitig finde ich es unfassbar komisch, dass ich gerade in Kalifornien in so ein Restaurant laufe. Schade nur, dass hier nicht nur am Fleisch sondern auch an Salz und Geschmack gespart wird. Morgen gibt es definitiv wieder mexikanisch!

Santa Monica Beach

Zurück am Strand bin ich froh, dass es alles wieder ruhig und entspannt ist. Und dankbar, dass mir diese Reise so viel Freude macht.

Ich dachte vorher schon: Das läuft alles zu gut. Wo sind die Schatten? Klar, die gibt es immer. Da sind die Lyft-Fahrer. Die vielen zersplitterten Träume am Wegesrand. Leute, die hier wegziehen, weil sie es sich einfach nicht leisten können. Wer genau hinsieht, kann viele dunkle Flecken finden.

Aber in Santa Monica wirkt alles ein bisschen zu einfach und schön. Am nächsten Tag mache ich mich auf den Weg an den Strand.

Die Straßen sind doppelt so breit wie nötig wäre. Überall ist Platz und Palmen. Ich fühle mich als wäre ich in die Kulisse einer meiner Serien gefallen. Plums.

Neben mir joggen Leute mit ihrem Hund in Richtung Strand. Andere tragen Yoga-Matten zu den Palmen an der Steilküste. Und trainieren dort mit Blick auf das Meer. Ich stelle mir vor, wie es wohl wäre, hier zu leben. Was könnte ich hier wohl arbeiten? Keine Ahnung. Aber Yoga in Strandnähe würde ich jeden Tag machen. Das steht fest.

Santa Monica Pier

Santa Monica Pier

Über eine lange Holztreppe geht es runter an den Strand von Santa Monica. Er ist wirklich endlos. Kilometer voller Sand. Rechts geht es nach Malibu und links nach Venice.

Über drei Kilometer ist Venice entfernt, sagt mir mein Handy. Und ich laufe los. Erstmal geht es zur Kirmes: Zum Santa Monica Pier.

Am Strand fahren viele Leute mit Fahrrädern oder mit kleinen Elektro-Rollern, die man sich hier mieten kann. Ich entscheide mich zu laufen. Dabei bekomme ich mehr von meiner Umgebung mit.

Mal laufe ich vorne an der Brandung und mal spaziere ich über den befestigten Weg. Immer wieder sausen Menschen mit strahlenden Gesichtern an mir vorbei. Manche wagen sich sogar zu zweit auf die kleinen Elektro-Roller. Sie werden richtig schnell. Wahnsinn!

Kalifornien Santa Monica Pier

Santa Monica

Auf dem Boulevard spielt ein Typ Schlagzeug und pimpt damit die Popmusik, die aus seinen billigen Boxen scheppert. Er macht eine große Show daraus und ich stehe mit vielen anderen Bewunderern drum herum und feiere ihn. Über mir donnert die kleine Achterbahn vorbei. „Der Blick von da oben muss der Hammer sein – so aufs Meer,“ denke ich und traue mich doch nicht drauf.

Zuckerwatte, Churros, Nüsse, Äpfel im Schokomantel – oder doch lieber Hot Dogs, Tacos, Chili Cheese Fries oder Pizza? Hier gibt es jedes erdenkliche Fastfood für teures Geld. Ich begnüge mich damit die vielen bunten Schilder zu bewundern bevor ich weiter in Richtung Venice ziehe.

Gleich hinter dem Pier kann man alles wieder abtrainieren, wenn man mag: Denn hier stehen vielerlei Sportgeräte herum: Ringe, Reck und andere Dinge, mit denen ich im Sportunterricht schon nichts anfangen konnte. Und daneben Slacklines und Yoga-Matten im Sand. Fitness ist hier Lifestyle. Nach Feierabend treffen sich hier viele Leute und machen Sport mit Blick aufs Meer. Es ist wirklich sehr viel schöner als mein olles Fitness-Studio in Karlsruhe.

Santa Monica Beach

Santa Monica

Venice Beach

Der Weg zieht sich. Das macht aber nichts, weil die Weite und der Blick aufs Meer entschädigt. Schließlich erreiche ich Venice Beach. Schilder am Strand heißen mich Willkommen. Rechts unter den Palmen stehen Zelte. Daneben liegen Schlafsäcke. Hier wohnen einige Obdachlose und organisieren sich in kleinen Wohngruppen.

Venice Beach

Ich flaniere durch die bunten Straßen. Zum Glück gibt es auch hier in Abbot Kinney einige schöne Gemälde an der Wand. Und viele kleine, ausgefallene Boutiquen auch. Wer nicht will, muss nicht bis zur Melrose Avenue fahren. In einem kleinen mexikanischen Restaurant bestelle ich mir Margeritas und Tacos und stelle fest: Ans alleine essen gewöhnt man sich schnell.

Die Sonne wird orange und zeigt an, dass es Abend wird. Ich bin anfällig für schönes Licht und es überkommt mich. Auf einmal ist dieses Gefühl da: Angekommen. Geschafft. Endstation. Ich. Hier und jetzt.

Venice Beach Kalifornien

Freigelassener Mut ist schwer zu fangen

Da wo vorher ein großer Haufen Zweifel, Angst und „Was wäre wenn“-Gedanken waren, ist plötzlich diese Ruhe.

Ich sitze in Venice am Strand und schaue den Surfern zu. Unter mir der warme Sand, der den ganzen Tag von der Sonne angelacht worden ist. Er kuschelt sich an. Meine Füße buddeln sich tiefer zwischen die Körner.

Weder an Morgen noch an Übermorgen denke ich. Auch nicht an gestern. Da ist nur das „Jetzt“. Das Meer, ich, das Herzklopfen, die Wellen. Da ist das Salz in der Luft. Und Wind im Haar. Und ein Gefühl von: Ich bin auf dem richtigen Weg. Alles ist gut. Ich fühle mich unbesiegbar und stark. Ein Gefühl, das ich ewig vermisst hatte. Und auf einmal ist es da. Als hätte sich in mir eine Tür geöffnet. Die Tür zu meiner Stärke, von der ich vergessen hatte, wo sie ist. Ich hatte gehofft, dass es sie gibt, aber den Weg zu ihr habe ich nicht mehr gefunden.

Es fühlt sich an, als würden mir Flügel wachsen. Unsichtbar – aber haltbar. Ich mache mit dem Herzen ein Foto von diesem Moment, um mich daran zu erinnern, wenn die Flügel schwach werden.

 

Venice Beach
Me, my Mut and I
Kalifornien Los Angeles
Venice Beach

Tipps für euren Roadtrip alleine:

Wie lange traut ihr euch?

Für mich war klar: Ich reise keine drei Wochen alleine. Ich probiere es aus. Und starte daher mit einer Woche. Rückblickend kann ich sagen: Auch zwei Wochen wären kein Problem gewesen. Aber da ist jeder anders. Überleg dir vorher genau, wieviel alleine du aushalten – und dir gönnen möchtest.

Welche Länder kommen in Frage?

Ich habe mich für Kalifornien entschieden. Wohl wissend, dass es mir das Land leicht machen wird. Ich war vorher mal dort und ich kann die Sprache. Und das ist meiner Meinung nach der Schlüssel: Die erste Reise kann gut in ein Land gehen, dessen Sprache man beherrscht. Das macht den Kontakt und das Verständnis für die Kultur leichter.

Welche Unterkünfte sind passend für mich?

Ich habe mich bewusst für Unterkünfte entschieden, bei denen ich nicht komplett allein bin. Motels kamen für mich bei dieser Reise nicht in Frage. (Schon allein, weil ich die ultra gruselig finde). Ich habe in Privatzimmern übernachtet, die ich alle bei Airbnb gefunden habe. Und damit habe ich mich sehr wohlgefühlt.

Was tun gegen Angst?

Dagegen habe ich kein Patentrezept. Wenn jemand eins gefunden hat, möge er es mich wissen lassen. Ich kann nur aus Erfahrung sagen: Nimm deine Angst ernst. Aber lass nicht zu, dass sie dich lähmt.

Denn meine Angst kommt immer wieder. Und trotzdem stelle ich mich der Angst: Beim Fliegen, Surfen oder Auto fahren. Egal. Es gehört dazu. Und wenn ich es schaffe, mich der Angst zu stellen, wachse ich über mich hinaus. Und das macht stärker.

Hier gibt es Teil 1 und Teil 2 des Roadtrips

P.S.

Am allerliebsten reise ich nach wie vor mit meinem Mann Raphael. Das wusste ich schon bevor wir zusammengekommen sind. Denn wir sind auf einer Reise ein Paar geworden. Ich wollte aber immer auch mal ausprobieren alleine zu reisen. Und ich bin unglaublich froh, es getan zu haben. Es ist ein „Plus“ in meinem Leben. Denn es gibt noch so vieles da draussen zu sehen. Und Raphael hat nich so viele Hummeln im Arsch wie ich. Und so kann ich in Zukunft  beides genießen: Reisen mit ihm und reisen mit mir.

Abbott Kinney
Venice Beach

Teil 2: Solo-Roadtrip Kalifornien: Cambria und Pismo Beach

Es ist mein erster Roadtrip alleine durch Kalifornien. Mit dem Auto starte ich in San Francisco. Eine Woche habe ich insgesamt Zeit und stoppe in Santa Cruz, Cambria und Pismo Beach. In Los Angeles gebe ich das Auto zurück. Die ersten Kilometer kämpfe ich mit großer Angst und danach geht es mir langsam besser. Ich komme immer mehr zur Ruhe. Innerlich. Lest jetzt Teil 2 meines Roadtrips. Teil 1 findet ihr hier. Und hier gelangt ihr zur Teil 3.

Von Santa Cruz fahre ich nach Cambria. Leider kann ich diese Strecke nicht komplett am Meer fahren, da der Highway 1 noch repariert werden muss und daher gesperrt ist. Ich schalte die Klimaanlage ein und gebe Gas. Warum zur Hölle fahren in Deutschland noch nicht alle Menschen Automatik?

Carmel by the Sea

Unterwegs mache ich Halt in Carmel by the Sea. Ein kleines, schmuckes Städtchen. Eine Kunstgalerie steht neben der anderen. Es gibt teure Cafés in Fachwerkhäusern. Unendlich viele Gucci-Brillen, teure Handtaschen und Stöckelschuhe laufen an mir vorbei. Wow! Ich hatte gehört, dass hier die Reichen und Schönen umherlaufen. Aber in so einem Ort war ich wirklich noch nie.

Um nicht zu sehr aufzufallen, lege ich Lippenstift auf. Hoffentlich hilft das, denke ich. Und merke, dass ich noch immer die ausgelatschten Sneaker trage. Da ist nichts zu machen. Du bist underessed as hell. Also steh dazu.

Der Sand am Strand in Carmel ist unglaublich hell, aber der Wind geht so stark, dass man es keine 5 Minuten hier aushält. Trotzdem kann ich mir gut vorstellen, dass hier Autoren wie Hemingway auf gute Ideen gekommen sind. Die Natur ist wirklich klasse. Aber mich zieht es weiter.

Cambria California

Cambria

Die Autobahn 101 ist unscheinbar und führt durchs Nirgendwo. Die Sonne brennt und neben der Straße gibt es Gestrüpp und Geröll. Ich sehne mich nach mehr Meer. Und werde müde. Lange Autofahrten machen mir generell keinen Spaß. Und alleine ist es noch schwieriger.

Weit und breit gibt es kein Café. Um wachzubleiben, suche ich immer wieder nach neuen Radiosendern. Und ich freue mich immer wieder, wenn ich eine Popwelle finde, die Ariana Grandés „No tears left to cry“ spielt. Schon jetzt ist das der epische Soundtrack zu meiner Reise. Zusammen mit Clean Bandit und „Solo“. Einfach weil diese Songs gerade auf der Hot Rotation laufen und so oft gespielt werden, dass sie mich für immer an diese Reise erinnern werden.

Und das mag ich sehr.

Als ich Cambria näher komme, wird die Natur grüner. Ich fahre viele Kurven bergab bis ich schließlich im Wald ankomme. Und am Haus von Terri. Sie vermietet gleich mehrere Zimmer bei Airbnb, damit ihre Tochter irgendwas mit Film in Hollywood – Los Angeles studieren kann. Ich habe ein Zimmer und nebenan im Yoga-Studio wohnen nochmal zwei Mädels. Terri entschuldigt sich im voraus für alles, was US Präsident Trump während seiner Amtszeit noch so anstellen könnte und gibt mir einige Tipps in der Umgebung.

Kalifornien
Moonstone Beach

Moonstone Beach und Fiscalini Ranch

Am nächsten Morgen fahre ich zum Moonstone Beach. Ein wilder Strand mit etwas dunklerem Sand. Er passt zur rauen Küste. Mutige Surfer werfen sich in die Wellen und tanzen auf ihnen. Ich sitze auf Treibholz und bewundere sie. Und durch den Wind merke ich gar nicht wie sehr die Sonne auf mir brennt. „Anfänger!“ – denke ich als ich hinterher im Auto meine rote Nase bewundere.

An der Küste in Cambria ist mein nächster Halt das Fiscalini Ranch Preserve. Ein großes Naturreservat, das ich mir – wegen des Namens – fälschlicherweise als Ranch vorgestellt habe. Ich staune nicht schlecht, als ich endlos über ein Hochplateau am Ozean laufe. Der Weg führt mitten durch ein Meer aus gelben und lila Blumen. Hin und wieder gibt es eine Bank, auf der man sich ausruhen und die Aussicht genießen kann. Wahnsinn! Unten die Wellen im wilden Pazifik, endlose Sicht in die Ferne und um mich herum strahlen wilde Blüten.

Nur der fehlende Schatten bringt mich nach einer Weile dazu, weiterzufahren.

Fiscalini Ranch Kalifornien California Cambria

Kalifornien
Fiscalini Ranch

Pismo Beach & Grover Beach

Nach einer kurzen Fahrt erreiche ich Grover Beach. Eine kleine Strandwelt mit einfachen Häusschen. Bungalows, die gebaut worden sind, damit Menschen am Strand eine gute Zeit haben. Keine Villen – einfache süße Häuschen sind es. In einem wohnt Charlene. Mein Airbnb-Host. Eine ältere Dame von über 70 Jahren, der der Schalk im Nacken sitzt. Sie erzählt mir von ihren vielen Reisen durch die Welt. Damals als sie noch jünger war und als ihre Schwester gerade nicht an der Hüfte operiert wurde. Damals saßen sie in den Bars dieser Welt und machten alle Männer schwach. „Und überhaupt: Gucken wird ja wohl noch erlaubt sein.“

Sie zeigt mir mein Zimmer mit dem gemütlichsten Bett der Welt darin. Und ich weiß wieder was ich mir zu Weihnachten wünsche: Eine amerikanische Matratze. Unglaublich, dass ein Bett so gemütlich sein kann. Ich überlege, ob ich meine Zeit am Strand einfach im Bett verbringe, bin dann doch zu neugierig und mache mich auf den Weg.

Grover Beach ist ein riesiger Strand mit Dünen und unendlich viel Platz. Wer will, kann sogar sein Auto auf dem Strand parken. Kostet halt ein paar Dollar extra.

Pismo Beach

Pismo Beach

Der Ort und die Restaurants sind in Pismo Beach – ein paar Kilometer die Küste entlang. Ein Ferienort für viele Amerikaner, die ein paar Tage am Strand verbringen wollen. Unendlich viel Platz am Strand gibt es hier. Ich bleibe im warmen Sand liegen bis es zu kalt wird und ich Hunger bekomme.

Charlene hat mir den Tipp gegeben, die traditionelle Muschelsuppe zu probieren. Allerdings sind die Fischrestaurants so voll und die Schlangen vor den Restaurants so lang, dass mir mein Hunger vergeht. Und für einen kleinen Moment fühle ich mich klein und einsam.

Ich hole mir Fish-Tacos und schaue mir den Sonnenuntergang an. Und mein Herz wird wieder wärmer.

Pismo Beach Kalifornien Roadtrip

 Allein an der Bar

Zum ersten Mal auf meiner Reise setze ich mich allein an die Bar, quatsche mit den Barkeepern und fühle mich unglaublich amerikanisch. Ich bestelle mir ein Bier und fühle mich wieder awesome, wild und frei. Neben mir sitzen flirtende Menschen, die sich nach heute vermutlich nicht wiedersehen. Ich lausche den Gesprächen und stelle mir vor, welches Leben sie führen, wenn sie gerade nicht in einer Strandbar sitzen. Und plötzlich fällt mein Blick auf eine Frau Anfang 40. Sie hat viel erlebt, das sieht man ihr an. Und sie wiederum beobachtet mich. Und ich stelle mir vor, welche Geschichte sie sich gerade über mich ausgedacht hat.

In der Nacht schlafe ich wie ein Baby. Kein Wunder – schließlich liege ich im gemütlichsten Bett der Welt. Am nächsten Morgen werde ich von Charlene mit Donuts und Kaffee versorgt. Sie ist etwas enttäuscht, dass ich nicht Party machen war, wie sie es an meiner Stelle getan hätte. Trotzdem bekomme ich noch einen zweiten Kaffee to go. Und mache mich auf den Weg nach Santa Monica. Mit einem Lächeln im Gesicht starte ich den Motor und und habe das Gefühl, mein Rückenwind bringt mich wie von allein Richtung Süden! Unglaublich was bisher alles geschehen ist seit ich losgefahren bin.

Im nächsten Teil lest ihr wie meine Reise zu Ende geht.

Mein Roadtrip durch Kalifornien

Nordseeinsel Juist: Das perfekte Reiseziel, um Alleinsein zu üben

Spontan bin ich im Herbst 2018 an die Nordsee gefahren: Mit dem Zug und der Fähre. Und ich habe festgestellt: Ich hatte jahrelang viel zu viele Vorurteile, die mich um die halbe Welt getrieben haben. Dabei ist es auch an der deutschen Küste wunderschön. Juist ist der perfekte Ort für Menschen, die alleine reisen wollen – sich bisher aber nicht getraut haben. Das perfekte Reiseziel für den Test: Ist alleine reisen etwas für dich?

Warum immer weit weg, wenn es auch in Deutschland schöne Reiseziele gibt? Das haben mich jahrelang Menschen in meinem Umfeld gefragt. Und ich muss zugeben: Ich hatte keine gute Antwort darauf. Die Nordsee lag irgendwie einfach außerhalb meines Planungsgebiets. Und ich hatte viele Vorurteile: „Nordsee gleich spießig… langweilig… zu wenige Berge… zu deutsch…“

Aber es reicht mir auf Dauer nicht, mich auf den Vorurteilen auszuruhen. Urteile über nichts, das du nicht kennst! – Das ist eins meiner Mottos. Und nachdem mir immer mehr Menschen von der Zauberinsel Juist vorgeschwärmt haben, habe ich relativ spontan ein Zugticket nach Norddeich Mole gebucht. – Für Oktober 2018. Wer einmal allein verreist ist, läuft Gefahr, daran Freude zu entwickeln. Es macht süchtig.

Die Anreise mit Zug und Fähre

Im neuen Doppelstock-InterCity sitze ich oben. Wir lassen das Ruhrgebiet hinter uns und die Landschaft wird immer flacher. Überall Ortsnamen, von denen ich noch nie gehört habe. Leer. Norden. Schlechtes Gewissen macht sich breit, weil ich wirklich viele Teile Deutschlands noch gar nicht kenne. Aber dann schiebe ich das Gefühl beiseite, denn ich tue ja gerade etwas dagegen und besuche einen neuen Ort. Genauer gesagt zwei, denn ich übernachte einmal in Norddeich, um am nächsten Vormittag die Fähre zu nehmen.

Schon die Buchung der Pension in Norddeich war ein Abenteuer! Kurz vor der Anreise hatte mich aufgebracht eine Frau angerufen, ob ich denn tatsächlich an ihrem Ruhetag am späten Nachmittag anreisen wolle? Eigentlich sei die Anreise am Montag nur bis 10 Uhr morgens möglich. Soweit – so unpraktisch, denke ich bei mir und stelle fest: Das ist mir tatsächlich noch nirgendwo auf der Welt passiert. Aber Freundlichkeit siegt auch hier. Und ich werde in die Pension gelassen.

Die Fähre am nächsten Vormittag ist rappelvoll. Irgendwo sind immer Ferien. Bei den Gepäckwagen gebe ich meinen kleinen Trolli ab, denn das ist so gedacht: Alle Koffer werden sicher verstaut und man bekommt ihn erst auf der Insel wieder. Merke dir den Wagen, denn sie sehen alle gleich aus. Und beim Ausladen hilft dir niemand.

Ich setze mich an Deck in die strahlende Sonne und schaue zu, wie wir im Schneckentempo in Richtung Insel schippern. Das mag ich. Das ist gemütlich und entspannt: Und sofort macht sich Urlaubsfeeling bei mir breit.

Urlaubsfeeling an Bord

Das Salz in der Luft. Der Wind. Das Meer. Die Möwen. Wenige Wolken. Nur der Fakt, dass alle um mich herum deutsch sprechen, verwirrt mich.

Nach 90 Minuten gehen wir pünktlich von Bord. Im Fährhaus zahle ich sofort meinen Tourismusbeitrag für den Aufenthalt. Praktisch, denn so kann ich ins Schwimmbad gehen, das im Beitrag enthalten ist. Und bei der Abreise muss ich mich darum nicht mehr kümmern. Gut, dass eine Freundin mich vorher mit diesen Tipps versorgt hat. Sonst hätte ich sicher einige Fehler gemacht bei der Anreise. Ganz schön viele Regeln für so eine kleine Insel.

Juist Nordsee Sonnenuntergang

Juist Dorf sonnenuntergang

Meine Unterkunft

Mit meinem Trolli im Gepäck laufe ich über die Insel. Die Räder von meinem kleinen Koffer kommen mir heute unglaublich laut vor. Vielleicht liegt das daran, dass es ansonsten hier so ruhig ist. Keine Autos weit und breit. Nichts als Wind und Pferdegeklapper. Juist ist autofrei und auch die Taxen hier sind Pferdekutschen. Viele Menschen sausen mit ihren Fahrrädern durch die Gegend. Es riecht nach Salz und Pferdeäpfeln.

Nach fünf Minuten Fußweg komme ich am Ziel an: Am Nordseehotel Freese. Schon in der Eingangshalle mache ich eine kleine Zeitreise: Der Boden besteht aus wunderschönen Kacheln aus einer anderen Zeit. Rechts stehen Sessel mit buntem Blumenmuster bedruckt. Und von den Stühlen im Restaurant springt mich ein 90er Jahre Stoff an. Hier haben sich gleich mehrere Jahrzehnte verewigt.

Mein Einzelzimmer befindet sich im ersten Stock – und ist klein, aber klein. Und fein auch. Ich mag es – auch wenn ich nichts gegen mehr Platz gehabt hätte. Aber Juist ist teuer. Und schon der Preis von diesem Zimmer hat mich bei der Buchung schlucken lassen. Der erste Test des Betts überzeugt aber sofort: Es ist unglaublich gemütlich, obwohl es kein bisschen danach aussieht.

Nordseehotel Freese Pool JuistNachdem ich mich eingerichtet habe, werfe ich mir Bikini und Bademantel über und gehe in den Pool.

Niemand da. Außer mir.

Ich genieße das Wasser und fühle mich schwerelos. Mit jedem Zug, den ich schwimme lasse ich ein bisschen Alltag hinter mir. Perfekt.

 

Alleine frühstücken im Hotel

Nachts schlafe ich so tief, wie seit Jahren nicht mehr. Liegt es an der Ruhe auf der Insel? Oder am Bett? Oder an meiner aufgestauten Müdigkeit? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich seit Wochen nicht so gut geschlafen habe. Und mich überkommt das Gefühl, dass die Insel etwas damit zu tun hat.

Mit meinem Buch bewaffnet, gehe ich zum Frühstücksbuffet. Und bin erstmal aufgeschmissen, weil ich keine Ahnung habe wo ich sitze. Ein junger Mitarbeiter, der höchstens 20 ist, bringt mich zu meinem Platz. Und liest mir jeden (Kaffee-)wunsch von den Augen ab.

Nordseehotel Freese Frühstück

„Latte Macchiato?“ „Noch einen Kaffee?“ „Noch einen Wunsch?“

Für die nächsten drei Tage wird er mein bester Bekannter im Hotel. Ich bin eindeutig die jüngste Alleinreisende hier und das scheint ihn zu erfreuen. Ob er denn aus Juist sei, frage ich ihn. „Gott bewahre“, antwortet er. Er sei ja wohl aus Bremen. Und keiner, ob er ewig auf Juist bleibe.

Ich verstehe: Er findet es auf der Insel zu ruhig, um auf die Dauer zu bleiben. Das Gefühl kenne ich von früher. Und zack – fühle ich mich für eine Sekunde alt. Dann muss ich grinsen.

Ich probiere mich quer durch das leckere Buffet und genieße die Zeit. In Ruhe Frühstücken – das ist für mich ganz besonderer Luxus. Und das macht auch alleine Spaß. Nach dem dritten Kaffee, Rührei, Brötchen, Bacon, Obstsalat, Quark und 50 Seiten in meinem Buch, rolle ich zurück in mein Zimmer und überlege was als Nächstes ansteht.

Eins nach dem anderen. Wenn du alleine unterwegs bist, musst du nicht auf die Bedürfnisse anderer achten. Nur auf deine eigenen.

Juist Strand Nordsee

Die Insel Juist

Das Dorf auf Juist ist klein und gemütlich. Hier kann man sich sofort gut zurechtfinden und wohlfühlen. Auf der einen Seite der Strand. Auf der anderen der Hafen und die Wiesen. Dazwischen lauter Hotels, Ferienwohnungen, Radvermietungen, Geschäfte, Restaurants und ein Yoga-Studio: Also wirklich alles was das Herz begehrt. Und solange man in der Nähe des Ortes bleibt: Keine weiten Wege.

Überall strahlende Gesichter und Menschen, die dich grüßen. – Obwohl sie sich noch nie gesehen haben. Das scheint man hier so zu machen und es ist wirklich angenehm: Familiär! Auch im dunklen fühle ich mich immer sicher hier im Dorf.

Strandkorb Juist Nordsee

Der Juister Strand

Am zweiten Tag gehe ich bei strahlendem Sonnenschein und 18 Grad mittags an den Strand. Eigentlich will ich das Abenteuer Strandkorb ausprobieren. Es ist mir schleierhaft, warum Menschen sich in einen Strandkorb setzen.

Vielleicht liegt das daran, dass wir immer Campingurlaub gemacht haben. Allerdings ultra-basic. Ohne Campingstühle oder Tisch. Man hat grundsätzlich auf dem Boden gesessen – oder am Strand gelegen. Das war immer so.

Am Strand liege ich gerne herum – in einem Strandkorb kann man ja nur sitzen. Warum tut man das?

Mein kühnes Vorhaben, das herausfinden zu wollen, wird enttäuscht: Ich frage in einem kleinen Wohnwagen nach einem Strandkorb und der Mann brummelt mir entgegen: Alle vermietet.

Kein Strandkorb für mich.

Es war einen Versuch wert!

Am Fuß einer Düne lege ich mich auf mein Strandtuch und komme an: An den vielen meiner Lieblingsorte – den Stränden dieser Welt. Da fühle mich sofort zu Hause. Der Blick schweift in die Ferne. Auf das Meer. Das bricht Barrieren auf. Alle Zweifel, alles „was wenn“ vergeht mir, wenn ich am Meer bin. Es fühlt sich nach unendlichen Möglichkeiten an. Und nach neuen Wegen. Die Ideen kommen wie von allein angetanzt, während die Möwen nach essbarem suchen und die Wellen unaufhörlich am Strand brechen. Alles fügt sich perfekt zusammen.

Erst als die Sonne auf meinen Kopf brennt, als wäre es Juli, stehe ich auf und gehe zurück in den Ort.

Meer Juist Strand Strankorb

Waffeln und Nostalgie

Im Lütjes Teehuus esse ich eine Waffel mit Kirschen, Eis und Sahne und trinke dazu einen Milchkaffee. Hier ist es gemütlich und lecker. Und gleichzeitig sehr voll. Der Ruf eilt dem Ort voraus. Die meisten der Gäste sehen aus, als würden sie seit ihrer Kindheit herkommen und Waffeln verputzen. Inzwischen gibt es für diese Leute dazu den Kaffee mit Baileys.

Juist Teehaus Ostfriesentee

Yoga auf Juist

Meinen Plan ein paar ruhige Tage auf Juist zu verbringen, möchte ich gerne mit einer Yoga-Stunde krönen. An der Tür zum Yoga-Raum-Juist steht ganz entspannt: Einfach 10 Minuten vor Beginn der Stunde vorbeikommen – und mitmachen. Das gefällt mir und meiner Spontanität in diesen Tagen auf der Insel.

Kurz vor 17 Uhr gehe ich hinein und nehme an einer Stunde mit Dorothee teil. Insgesamt sind wir drei Teilnehmer. 90 Minuten lang dehnen wir uns, kommen zur Ruhe und sind ganz bei uns. Der Tag könnte schöner nicht enden, denke ich, als ich mit Ruhe im Herzen das Studio verlasse und mich des Lebens freue. Darum geht es hier: Entschleunigung. Zeit mit mir. Und sonst nichts. Jedenfalls für mich. Wie schön, denke ich, dass ich schon im Frühling zurückkomme, um hier Yoga und Pilates zu machen.

Wanderung zur Domäne Bill

Das wunderschöne sonnige Wetter bleibt mir erhalten. Und ich fühle mich verpflichtet, noch ein wenig mehr der Insel kennenzulernen. Ein Tipp, den ich von mehreren Seiten bekommen habe, war ein Besuch in der Domäne Bill. Dahin sind es vom Dorf aus allerdings einige Kilometer. Das bedeutet: Wandern. Und – es ist kein Geheimnis: Wandern ist nicht mein Ding. Aber die Neugierde siegt, ich ziehe meine alten Turnschuhe an und laufe los: An der Landseite entlang, immer weiter bis Loog. Und danach an der rechten Seite des Hammersees entlang.

Ab hier tun mir die Füße weh und ich verfluche meine Neugierde. Rechts und links Büsche und Gestrüpp. Und ein Weg, der nicht enden will. Und ich fühle mich für einen kurzen Moment einsam. Alle Bänke, an denen ich vorbeikomme, sind von Pärchen belegt. Also weiterlaufen. You can do it. Als ich schon gar nicht mehr damit rechne, erblicke ich ein Haus – davor viele Fahrräder und ein Pferdetaxi.

 Domäne Bill! Es gibt dich wirklich!

Ich setze mich dankbar ins Restaurant und verputze den Klassiker, den hier alle bestellen: Den hausgemachten Stuten mit Marmelade und ganz viel Butter. Und er schmeckt wirklich vorzüglich! Dabei mag ich eigentlich gar keinen Stuten. Keine Ahnung, ob das an meiner Müdigkeit liegt oder an diesem Rezept. Es ist, als hätte ich nie was besseres gegessen.

Strand Juist Sonnenuntrgang Oktober

Nach einer Stunde mache ich mich auf den Rückweg. Diesmal geht es am Strand entlang. Und es ist wie immer: Kaum sehe ich das Meer, ist die Müdigkeit wie vergessen. Und ich genieße jede Sekunde der Wanderung. Der Strand auf Juist wirkt unendlich. Ich habe viel Platz für mich alleine. Nur von weitem sehe ich hier und da einen Menschen. Welch ein Luxus!

Das Licht wird wärmer, der Tag neigt sich dem Ende zu. Die Sonne spiegelt sich auf dem Meer und dem Wasser, das sich noch vor dem Meer sammelt. Ich quietsche vor Freude bei dem Anblick und kann mein Glück nicht fassen. Wie kann ein Strand nur so schön sein? Und wie kann es sein, dass die Sonne jeden Tag mit so einem Spektakel untergeht – an so vielen Orten auf der Welt? Es prickelt und sprudelt vor Freude in mir. Gänsehaut macht sich im Herzen breit. Und ich versuche möglichst viel von dem Gefühl einzuspeichern – für schlechte Tage.

Denn dieses Gefühl bekomme ich tatsächlich nur am Meer. Und es ist unbezahlbar.

Juist Strand

Die Abreise und Melancholie

Nach drei Tagen stehe ich wieder am Hafen und laufe auf die Fähre. Mit einer alten Frau teile ich mir einen Tisch unter Deck. Eine der vielen allein Reisenden auf Juist, wie ich. Der Kapitän begrüßt uns und wirft den CD-Player an. Und auf einmal scheppert James Last aus den Boxen. Die Töne legen sich um mich wie ein Mantel aus Melodie. Kuschelig und warm. Und gleichzeitig voller Abschiedsschmerz und Freude über das Erlebte. Wie eine Welle ergreift mich die Melancholie.

Ich schaue mich um und merke, dass es mir geht wie den meisten hier. Ich bin eine von ihnen geworden. Der Juister Zauber hat mich bekommen und komplett eingenommen. Mit all seiner schönen Spießigkeit. Ich klappe mein Buch auf und freue mich schon auf den nächsten Besuch im Frühling. Wie die alte Dame gegenüber auch.

Sonnenuntergang Sunset Juist Germany

Tipp für eure Reise nach Juist: Pilatesurlaub

Im Frühling habt ihr die Chance Juist kennenzulernen und die Reise mit einem Pilatesurlaub zu verbinden. Carolin veranstaltet dazu zwei Retreats! Auch ich werde bei einem der beiden dabei sein. Plätze frei sind allerdings nur noch im ersten Retreat: Und zwar vom 20. bis zum 24. April 2019. Meldet euch schnell an. Weitere Infos findet ihr hier.

Das ist eure Möglichkeit eine Auszeit am Meer mit einem Wellness-Pilates-Urlaub zu verbinden. Insgesamt nehmt ihr an acht Kursen Teil: Yoga und Pilates. Ihr habt Anschluss an andere Teilnehmer des Pilatesurlaubs und könnt trotzdem den restlichen Tag, wenn gerade keine Kurse stattfinden, alleine genießen und Abstand vom Alltag bekommen. Ich freue mich schon total darauf! Wer kommt mit? Essen und Unterkünfte organisiert jeder für sich selbst.  Für die tägliche Portion Yoga und Pilates mit netten Menschen ist gesorgt.

Unterkünfte und Essen auf Juist

Unterkünfte auf Juist gibt es viele, aber günstig sind sie alle nicht. Es kommt vor allem darauf an was ihr sucht: Wollt ihr selber kochen und dadurch sparen? Dann lohnt sich in jedem Fall eine Ferienwohnung. Falls ihr lieber faul sein möchtet, kann ich euch Pensionen mit Frühstück – oder auch mein Hotel ans Herz legen. Ich habe mich im Nordseehotel Freese sehr wohlgefühlt, auch wenn ich die jüngste Alleinreisende dort war.

Das Personal war sehr nett, locker und hilfsbereit. Der Pool ist klasse, es gibt sogar eine Sauna und wer will kann sich Wellness-Pakete buchen. Ich hatte dort eine unvergessliche Zeit – auch wenn mein Zimmer sehr klein war.

Juist ist eine Insel – das Essen, das dorthin gebracht wird, legt einen weiten Weg zurück – unter anderem mit der Fähre. Das sollte man sich immer bewusst machen, wenn man einen Blick auf die Speisekarten wirft. Die Restaurants sind teurer als am Festland und es gibt viel Fastfood und „Klassiker“ wie Burger oder Spaghetti Bolognese. Da ich diesmal nur in wenigen Restaurants war, kann ich noch kein abschließendes Urteil fällen. Das kommt beim nächsten Mal.

Es gibt aber auch ein paar Supermärkte, die mit „Festlandpreisen“ werben. Da können sich alle eindecken, die eine Wohnung mit Küche haben. Das ist definitiv die günstigste Variante.

 

Sonnenuntrgang Nordsee Meer Wattenmeer Juist

Honeymoon Shooting: So findet ihr einen guten Fotograf für die kanarischen Inseln

Nach der Hochzeit sind Fotos aus dem Honeymoon ein unvergessliches Andenken. Aber normalerweise steht bei uns im Urlaub immer einer hinter der Kamera. Und die einzigen Bilder von uns beiden sind Handy-Selfies. Deshalb haben wir uns in den Flitterwochen in Gran Canaria und Sri Lanka zwei Shootings mit großartigen Fotografen gegönnt. Heute verrate ich euch, wie ich unseren Fotograf auf Gran Canaria gefunden habe.

Diesen einen Wunsch wollte ich uns unbedingt erfüllen: Hochzeitsfotos am Strand. Mit Brautkleid an einem dieser Lieblingsorte in der Welt. Raphael und ich reisen viel – wie ihr wisst. Deshalb war es ein riesiger Traum von mir, Bilder am Strand von uns zu haben. Natürlich mit Hemd, Blumenkranz und Brautkleid. Nach der Hochzeit wollte ich es unbedingt mit auf die Reise nehmen.

Und ich kann sagen: Es gibt so geniale Fotografen da draussen. Solche Shootings können süchtig machen. Nachdem ich völlig geflasht war von unserem Fotoshooting in Maspalomas, Gran Canaria stand für mich fest: Auch bei unserer Backpacker-Tour durch Sri Lanka soll es ein Strandshooting mit Fotograf geben. Dazu an anderer Stelle mehr. Beide Male haben wir tolle Erfahrungen gemacht. Beide Fotografen habe ich via Instagram gefunden.

Spanien Reise Gran Canaria Maspalomas Shooting Hochzeitskleid

Wie finde ich einen passenden Fotografen für mein Honeymoon-Shooting?

Für diese Suche habe ich mich kreuz und quer durch Instagram geklickt. Das ist die perfekte Plattform für die Suche, da die meisten Fotografen ihre Arbeiten regelmäßig dort teilen. Du siehst also sofort, ob dir der Stil des Fotografen gefällt. Bei der Recherche habe ich festgestellt, dass die Unterschiede wirklich riesig sein können. Und obwohl viele Fotografen handwerklich top sind, gefallen mir ihre Bilder trotzdem nicht unbedingt. Gerade bei Paarfotografie gibt es riesige Unterschiede. Und dann sollte der Fotograf auch noch an dem Ort verfügbar sein, wo wir Urlaub machen. Das schränkt die Auswahl natürlich ein.

Wie funktioniert die Suche bei Instagram?

Bei der Suche bei Instagram helfen Standort und Hashtags. Bevor es für uns nach Gran Canaria ging, habe ich also nach Hashtags wie #photographergrancanaria #grancanaria oder #grancanariawedding gesucht. Und nach den Orten, die mir dort gefallen haben. Wie die Dünen von Maspalomas. Und darüber habe ich den Fotografen Aljosa Petric gefunden. In seinem Profil stand aufgelistet, wohin er in den kommenden Wochen reisen wird. Nachdem ich alle seine Bilder geliked hatte, habe ich ihm eine Anfrage geschickt. Darin habe ich nach dem Preis gefragt und ob er in unserer Urlaubswoche noch Kapazitäten hat. Und wir hatten Glück!

Er hatte Zeit und sein Angebot hat uns überzeugt. Für alle Fälle hatte ich zwar noch eine Liste mit weiteren Fotografen angelegt. Aber die Fotos von keinem davon haben mir im Ansatz so gut gefallen wie Aljosas. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass es geklappt hat. Daraufhin haben wir uns per email zu einem Sunset-Shooting in Maspalomas verabredet.

Honeymoon Shooting

Brautkleid im Koffer

Bei manchen Airlines kann man sein Brautkleid ohne Aufpreis mitnehmen. Bei Tuifly haben wir für das Kleid einen weiteren Koffer hinzugebucht. Darin konnte ich das Kleid und den Reifrock unterbringen – mehr allerdings nicht. Denn ich wollte es natürlich nicht quetschen. Vorsichtig habe ich es einmal gefaltet und die Volants zusammengelegt, damit es sicher verstaut ist. Auf der Insel angekommen, habe ich das Kleid auf seinem Bügel an die Küchentür gehängt. So konnte es sich bis zum Shooting ein wenig ausbreiten. (Inklusive dreckigem Saum, den es von der Hochzeit hatte. Denn ich habe es erst nach der Reise reinigen lassen.) Zwischendurch habe ich es in den Wasserdampf im Badezimmer gehängt. Dadurch wird das Kleid ein wenig gedämpft und Falten verschwinden.

Am Tag des Shootings haben wir uns in unserer Ferienwohnung gestylt: Natürlich ganz allein – ohne professionelle Hilfe. Das war echt aufregend! Meinen Blumenkranz und die Haare musste ich ca 10 mal stecken bis ich zufrieden war. Raphael hatte es da deutlich leichter. Für ihn hatten wir eine dunkelblaue Stoff-Hose gekauft. Dazu hat er sein Hochzeitshemd und die dazugehörige Krawatte getragen. Er sah ganz wundervoll aus! Nach dem Styling haben wir uns in den gemieteten Mini-Fiat gequetscht und sind nach Maspalomas gefahren. Dem Sonnenuntergang entgegen.

Gran Canaria Shooting

Shooting in den Dünen

Für unser Shooting in den Dünen von Maspalomas hatten wir zwei Stunden Zeit. – Bis die Sonne weg war. Ich hatte vorher großen Respekt vor dem Shooting. Denn Aljosas Bilder strahlen Liebe aus. Er kann Gefühle zwischen zwei Menschen einfangen, wie es fast keiner sonst kann. Ich habe mir vor allem Sorgen gemacht, dass wir keine guten „Models“ sein würden. Dass wir es nicht hinbekommen, so gefühlvoll als Paar zu performen. Schließlich stehen wir eher selten vor einem Fotografen. Aber die Sorge war wirklich unbegründet. Ein guter Fotograf schafft es, dass man sich wohlfühlt vor der Kamera. – Dass echte, ungestellte Momente entstehen. Und das sind meiner Meinung nach die schönsten Fotos und die besten Andenken an eine Reise.

Die Zeit während des Shootings verging wie im Flug. Wir liefen durch die wunderschönen Dünen – durch den Sand. Mit dem Kleid habe ich mich nochmal wie eine richtige Prinzessinnen-Braut gefühlt. Aber ein wenig surreal war das schon: In diesem Kleid im Urlaubsparadies. Raphael und ich haben getanzt und rumgetollt. Haben im Sand gesessen und sind gerannt. Sogar in die Brandung des Meeres sind wir gelaufen, wo eins meiner liebsten Bilder entstanden ist. Das Kleid kann schwimmen!

Der Weg durch die Dünen ist wirklich weit – vor allem im Brautkleid. Ich habe kiloweise Sand mitgeschleppt auf dem Rückweg. Die nasse Schleppe wurde immer schwerer. Aber ich war voller Freude und Adrenalin, weil die Zeit in Maspalomas so wundervoll war. Immer wieder habe ich kurz zum Meer geschaut und konnte nicht fassen, dass wir wirklich an diesem märchenhaften Ort waren. Falls wir in ein paar Jahren unser Eheversprechen erneuern wollen, dann machen wir es bestimmt dort.

Shooting Gran Canaria Honeymoon Brautkleid

Nicht planbar: Das Wetter hat perfekt mitgespielt

Das Wetter an jenem Tag war perfekt: Es waren ca 23 Grad und es gab ein paar Wolken am Himmel. Das Licht war wunderbar. Falls ihr selbst gerne fotografiert, wisst ihr wie wichtig das Licht für schöne Bilder ist. Zwei Wochen nach dem Shooting haben wir alle bearbeiteten Bilder bekommen. Und ich war unendlich begeistert! Eins der Bilder hängt groß bei uns im Wohnzimmer. Und mit den anderen haben wir ein echtes Fotoalbum gemacht. Ein Buch voller Lieblings-Kitsch-Momente.

Falls ihr Bilder ebenso liebt wie wir, kann ich euch ein Shooting mit einem wundervollen Fotografen wie Aljosa nur ans Herz legen.

Spanien Reise Gran Canaria Maspalomas Shooting Hochzeitskleid

Spanien Reise Gran Canaria Maspalomas Shooting Hochzeitskleid

Fotos: Aljosa Petric

Teil 1 – Roadtrip Kalifornien: Alleine reisen als Frau

Vom Fernweh gepackt, buche ich eine Reise nach Kalifornien. Hinflug nach San Francisco und zurück geht es von Los Angeles. Ich möchte nicht mehr warten bis irgendwer Zeit hat. Reisen kann ich. Warum also nicht mal ganz alleine? Ich will und gleichzeitig habe ich eine Scheißangst. Ein Klick auf „Buchung abschließen“ und während aus der fixen Idee ein Plan wird, fängt mein Herz an zu klopfen. Ich miete ein Auto und mache einen Roadtrip. Und – Spoiler – es war der Hammer!!! Hier gibt es meine Tipps für alle, die auch mit dem Gedanken spielen. 

Von San Francisco nach Santa Cruz

Soll ich? Kann ich? Will ich? Vor der Reise schlagen die Gedanken Purzelbäume. Und tausend und ein Zweifel macht sich breit. Die Angst krabbelt den Nacken hoch. „Da wollen wir doch mal sehen, ob ich alleine reisen kann“, denke ich und steige ins Flugzeug. Meine Knie zittern wie damals als ich in eine neue Klasse kam. Unbekanntes Terrain. Dabei bin ich schon so oft geflogen. Nur noch nie so. Auf eine Reise ins Ungewisse. Allein.

Wie unpraktisch, dass ich in den letzten Jahren Flugangst bekommen habe. Seitdem bin ich nicht mehr alleine geflogen.

Als das Flugzeug in Richtung Himmel rast, pocht mein Herz so laut, dass ich denke: Das muss jeder hören um mich herum. Der Boden vor mir hebt sich. Es geht los. Meine Hände sind nass und kalt – voller Schweiß. Ich atme langsam ein und aus. Und versuche mir einzureden, dass alles gut wird. Dass fliegen tausend mal sicherer ist als Auto fahren. Dass alle anderen es auch hinbekommen. Und muss gleichzeitig lachen. Alle anderen… Was macht das schon? Es bedeutet nichts. Meine Angst gehört zu mir.

Die Anschnallzeichen gehen aus und auf einmal macht sich Vorfreude breit. Auf geht’s: Rotwein, ein paar Liebesfilme. Und das Abenteuer geht los. Allein. Mit mir.

Mission Dolores Park

Ans Meer mit dem Mietwagen

Mein Lyft-Fahrer setzt mich vor dem Mietwagen-Verleih ab und ich verabschiede mich betont cool. „Fake it until you make it,“ hatte mir meine Freundin zum Abschied mit auf den Weg gegeben.

Wird schon. Muss schon. Geht schon. Wird schon.

Bin ich denn schon soweit?

Das Datum der Mietwagen-Buchung schreit: Ja! Das Auto ist fest gebucht und wartet. Mir ist kotzübel als ich alleine ins dunkle Parkhaus geschickt werde, um das Auto abzuholen.

Ich drücke auf den Zündschlüssel und warte. Und ein weißer Toyota Corolla leuchtet auf und sagt: „Hi! Ich bins. Dein Begleiter für die kommende Woche.“ „Tach – du bist aber groß, dude.“ Denke ich und hiefe meinen Koffer in die Limousine.

Ich werfe das Navi auf meinem Handy an. Meine Beine zittern, als ich losfahre. Im gemütlichen Schneckentempo verlasse ich San Francisco. Und mache mich mit dem Auto vertraut. Hügel rauf. Hügel runter. Immer weiter in Richtung Meer. Die Stadt kommt mir unendlich vor. Groß und unbekannt. Viele Locals überholen mich. Ich habe vor allem ein Ziel: Raus aus der Stadt und keinen Unfall bauen. Für mehr habe ich in diesem Moment keinen Kopf.

Nach einer Stunde wird es leerer auf den Straßen. Und entspannter. Vor mir verteilt sich Dunst und Nebel. Und auf einmal sehe ich vor mir das Meer.

Ich mache eine kleine Pause auf einem Parkplatz, schaue den Möwen zu und auf einmal ist die Angst wie weggeblasen.

Das ist es! Deshalb bin ich hier. Salz in der Luft, weite Sicht, raue Wellen und Freiheit.

Ich nehme den berühmten Highway 1 nach Santa Cruz und werde auf der Reise am Meer bleiben solange es geht. Denn weiter in Richtung Süden ist die Küstenstraße leider gesperrt: Bauarbeiten.

Kalifornien

Strand Santa Cruz Kalifornien
Santa Cruz

Unterkunft in Santa Cruz

Ich wohne in Santa Cruz bei Familie Twohig, die in ihrer Villa ein Zimmer bei Airbnb vermieten. Im großen Haus wohnen Großmütter, Eltern und Sohn Tio. Die Twohigs sind selber viel unterwegs und durch ein Jahr durch Europa gereist. Sie teilen meine Faszination fürs „Unterwegs sein“ und werden in diesen Ferien selber noch mit dem Auto einen Roadtrip durch die USA machen.

Surfcity Santa Cruz

Santa Cruz ist eine Stadt, die sich wie ein Dorf anfühlt. Gemütlich und entspannt. Es fühlt sich an, als sich ob der Surf-Vibe über die Stadt gelegt hat, wie eine gemütliche Decke. Stress muss leider draussen bleiben. Und Hektik auch.

Ich liebe diese Stadt seit ich 2014 schon einmal hier war. Und doch kommt sie mir verändert und neu vor, als ich durch die Straßen laufe. Was ist anders? Santa Cruz oder ich?

Meine Wahrnehmung ist scharf und genau. Ich sehe jede kleine Blume am Straßenrand. Immer wieder halte ich an und mache Fotos auf meinen langen Spaziergängen in die Stadt.

Santa Cruz Beach Broadwalk
Beach Boardwalk

Mein Weg führt mich über eine alte Eisenbahnbrücke bis hin zur Kirmes: Den Santa Cruz Beach Boardwalk. Amerikanischer Strand-Kitsch, wie ich ihn liebe. An jeder Ecke wird Zuckerwatte verkauft, Twinkies, Hot Dogs und Pommes. Es gibt ein Kettenkarussel, eine Schiffsschaukel und eine alte Holzachterbahn.

In Kalifornien beginnen gerade die Sommerferien. Viele Familien lassen sich auf dem Gelände der Kirmes treiben und feiern die Ferien am Strand. Obwohl es nur 20 Grad warm ist, rennen die Kinder ins Meer. Ich bewundere sie. Und freue mich, dass ich Zeit habe, ihnen zuzusehen.

Kalifornien California Santa Cruz

Kalifornien Roadtrip
Santa Cruz Beach Boardwalk

Pause für den Stress im Kopf

Im Alltag habe ich oft Stress im Kopf. Und Druck und Hektik. Ich denke ich müsste mal eben dies und jenes. Ich müsste und sollte.

Und all das ist auf einmal weg. Vor der Reise hab ich mich gefragt: Wie wird es sich wohl anfühlen alleine am Strand zu sitzen. Den Kopf in den Wind zu halten. Oder rumzulaufen. Und alles alleine entscheiden zu müssen. Und als der Moment da ist, fühlt es sich richtig und leicht an. Unerwartet perfekt.

Stundenlang laufe ich umher und merke auf einmal, dass es schon 14 Uhr ist. Ich habe bisher nicht gefrühstückt – und es nicht vermisst. Ich überlege woher ich wohl um diese Zeit noch Frühstück bekomme und stehe auf einmal an einem mexikanisches Restaurant. Tacos! Das ist es. Wozu frühstücken, wenn ich gleich Tacos essen kann?

Selbstgemachte grüne Sauce mit Chili tropft herunter und ich frage mich, wann ich zuletzt so gut und entspannt gegessen habe. Es scheint eine Ewigkeit her zu sein. Welch eine Geschmacksexplosion in meinem Mund. Wie habe ich das vermisst!

Im nächsten Teil nehme ich euch mit nach Cambria und Pismo Beach. Und im dritten Teil geht es nach Santa Monica.

Santa Cruz Beach

Santa Cruz Beach Broadwalk

Costigliole d’Asti: In den Weinbergen von Piemont in Italien

An den Stränden Italiens ist es wunderschön. – Aber im Hochsommer einfach zu voll für meinen Geschmack. In diesem Jahr probieren wir etwas Neues aus und fahren nach unserer Woche in Pettenasco in die Weinberge Norditaliens: nach Piemont. Eine Woche verbringen wir in Costigliole d’Asti und verbinden Urlaub mit Arbeit: In einem Airbnb mit großer schattiger Terrasse.

Die Straßen werden schmaler und mein Puls steigt. „Hoffentlich kommt uns hinter der nächsten Ecke kein LKW entgegen und hoffentlich kommen wir bald an. Und hoffentlich…“ die Gedanken drehen sich im Kreis. Um uns herum wird es immer grüner. Das Auto klettert die Hügel hinauf und lässt Weinberge links und rechts liegen. Hier war ich noch nie: In den Weinbergen von Piemont in Norditalien. Wir kommen an einer Villa vorbei und ein paar Meter später erreichen wir das Ziel: Unsere Unterkunft mitten im Grünen.

Costigliole Piemont Italien

Alba Norditalien Piemont

Die Unterkunft: Das Airbnb „La Luna e lo Stagno“

Über Airbnb habe ich das Zimmer bei Owen und seinem Mann Claudio gefunden. Es befindet sich im ersten Stock von einem alten Bauernhaus auf einem Hügel in Piemont. Der Teil des Hauses in dem wir wohnen steht hier wohl schon seit 1860. Die beiden haben das Haus renoviert und mit Liebe zum Detail eingerichtet. Das ist mir schon vorher auf den Bildern im Netz aufgefallen. In Realität ist es noch viel schöner!

Kühle Fliesen, helle Vorhänge: Grau, braun, beige – alles in angenehm-erdigen Farben. Es gibt ein helles Badezimmer mit Blick auf den Weinberg, einen kleinen Schreibtisch und ein ganzes Ankleidezimmer. Das Bett ist total weich und gemütlich – man merkt, dass hier der Amerikaner Owen am Werk war. Und gleich neben unserer Unterkunft ist die schattige Terrasse: Früher war das mal ein Raum. Aber die Hosts haben ein offenes Wohn- und Esszimmer mit Küchenecke daraus gemacht und der Blick auf die Berge ist frei. Wunderschön!

Airbnb Piemont Asti
Unser Zimmer

Übrigens: Owen und sein Mann vermieten noch ein zweites Zimmer in dem Haus, das auch wunderschön ist. Darin steht sogar noch ein Bett mehr. Es gibt allerings keinen Schreibtisch.

Raphael schreibt diesen Sommer seine Abschlussarbeit und ich werde an meinen Hochzeitsreden arbeiten. Deshalb haben wir diese Unterkunft gewählt. Unsere Kriterien waren: Schatten, Platz, ein gemütliches Bett und Internet. Hier gibt es dazu sogar noch Frühstück inklusive. Und on top: Nette Gastgeber und einen supersüßen Hund!

Costigliole d'Asti

Der Blick kann in die Ferne streifen

Der Blick von der schattigen Terrasse reicht über den Garten mit kleinem Pool bis zum nächsten Dorf: Costigliole d’Asti. Unser Gastgeber erklärt uns den schnellsten Weg zu Fuß ins Dorf. Es gibt eine „Abkürzung“ – einen „Short Cut“, der seinem Namen alle Ehre macht, denn er führt quer durch Pflanzen und Gestrüpp. Für einen kurzen Moment habe ich Angst, dass wir uns verlaufen haben. Aber dann erreichen wir eine befestigte Straße und das malerische Dorf erhebt sich vor uns.

Costigliole d'Asti
Frühstück auf der Terrasse

Arbeiten im Airbnb in Piemont

Stundenlang frühstücken wir und lassen den Blick über die verschiedenen Grün-Töne auf den Hügeln streifen. Wie kleine orange-rote Tupfer sehen die Häuser in den Weinbergen aus. Es gibt Espresso, frische Früchte, Müsli und Joghurt. Und dazu Käse, Wurst und Brot. Mir fehlt es an nichts. Einziges Manko: Wir kommen erst spät an die Arbeit. Das Frühstück macht einfach zu viel Spaß.

Gegen Mittag setzen wir uns mit den Laptops an den großem Tisch auf der Terrasse. Es heißt doch immer wieder, dass man bei der Arbeit am PC Pausen machen soll, um den Blick in die Ferne schweifen zu lassen. Um uns herum streift der kühle Wind.

Produktiv durch die Aussicht

Arbeiten geht hier wirklich ganz ausgezeichnet. Aber vermutlich werden die Pausen hier etwas länger als sonst. Aber die Umgebung motiviert mich. Ich bin positiv überrascht.

Die Reden schreiben sich fast wie von selbst. Ich tauche ein in die Liebesgeschichten meiner Paare und freue mich mit ihnen, dass sie nun heiraten werden. Hin und wieder fließt eine Freudenträne. Diese Geschichten sind aber auch einfach inspirierend.

Hinterher schreibe ich für den Blog, editiere Fotos und freue mich, dass die Aussicht mich immer wieder belohnt.

In der Mittagspause kühlen wir uns im Pool ab. Er ist klein und trotzdem groß genug für eine Erfrischung auf dem aufblasbaren Donut.

Asti Piemont

Und sobald abends die Mücken kommen, ist es Zeit für den Feierabend und Aperol. Ich könnte immer von Italien aus arbeiten. Das Licht wird wärmer, die Burg im Dorf wirft Schatten und die Farbe der Abendsonne hüllt die Weinberge in einen unwirklichen Zauber. Darf ich bitte hier bleiben?

Costigliole d'Asti Piemont Italien Weinberge

Das Dorf: Costigliole d’Asti

Ein kleiner Haufen Häuser – eingekuschelt in kleine Hügel. In der Mitte ein Kirchturm und eine Burg, die an frühere Zeiten erinnert. 6.000 Menschen leben hier in dem Dorf in den Weinbergen Piemonts zwischen Asti und Alba.

Die befestigte Burg in Costigliole wurde zum ersten Mal im Jahr 1.041 erwähnt. Drum herum stehen inzwischen viele kleine und größere Gebäude. Und in der Region leben viele Weinbauern.

Asti cafe italia

Im Ortskern gibt es eine gemütliche Konditorei mit angeschlossenem Café und einen kleinen Supermarkt, in dem jeder jeden kennt. Als wir dort einkaufen, fallen wir sofort auf wie bunte Hunde. Und als eine Kundin mehr Wurst einkaufen will als gerade vorrätig ist, wird schnell neue beim Metzger bestellt. Und nur 5 Minuten später ist sie im Laden. Wow!

Costigliole ist ruhig und verschlafen. Automatisch werden die Schritte langsamer, wenn man dort rumläuft. In 30 Minuten hat man hier allerdings auch alles gesehen. Mich stört das nicht solange ich in der Konditorei guten Kaffee und Kuchen bekomme. Mehr brauche ich nicht. Diese Ruhe und die entspannte Stimmung in Piemont ist ansteckend.

Costigliole d'Asti

Weinprobe bei Paola Massa

Unser Host Owen organisiert eine Weinprobe für uns bei Paola Massa. „She is the best and she has the best wines,“ schwärmt er immer wieder und trägt uns auf, ihm zwei Kisten Weißwein mitzubringen. Er ist eindeutig Fan.

Wir haben null Erfahrung mit Weinproben und sind gespannt. Nach einem gemütlichen Zwischenstopp im schönen Alba sitzen wir mit ca. zehn anderen Gästen bei Paola im Haus und probieren uns durch ihr Sortiment. Dazu tischt sie uns unendlich viele leckere Kleinigkeiten auf: Salami, Schinken, Käse, Nüsse, Omelette, Foccacia. Unfassbar lecker. Wir wissen gar nicht wie uns geschieht.

Zuerst genießen wir einen Schluck von ihrem Weißwein: Ich bin kein Weinkenner, aber ich trinke gerne mal ein Gleis Wein und finde: ihr Arneis schmeckt ausgezeichnet.

Wine Tasting Wineprobe Paola Massa

Keine Weinkenner – alle Fan

Ehe wir uns versehen bekommen wir Rosé eingeschenkt. Er ist fruchtig, frisch und gleichzeitig nicht zu süß. „Den nehmen wir“, rufe ich bei fast jedem Wein in den Raum und merke, dass es langsam teuer wird. Darauf erstmal Salami. Und Schinken. Und Wasser.

Beim Rotwein wird es langsam kompliziert. Der erste „Dolcetto“ war uns eindeutig zu süß. Aber dann geht es erst richtig los. Wir trinken den „Barbera d’Alba“ und alle im Raum sind gemeinsam begeistert von diesem Rotwein.

Leider war es das noch nicht. Paola erklärt, dass es noch einige „hochwertigere“ Weine gibt. Und schenkt schon den „Nebbiolo“ aus. Wow. Schon wieder eine Geschmacksexplosion. Der ist wirklich NOCH besser. – Irgendwie schmeckt er etwas satter.

Der Belgier vor Kopf versucht es so zu erklären: „Der Barbera ist wie die 20-jährige Frau. Schön und keck. Der Nebbiolo dagegen ist wie die 40-jährige Donna. Gereift, noch schöner und leckerer.“ Kann man darüber denken, was man will. Ich weiß worauf er hinaus will. Und da ist was dran. Wir kaufen eine Kiste von beiden. Mir war gar nicht klar, dass die Weine in Piemont so ausgezeichnet schmecken.

Um uns herum sitzen Gäste aus Belgien, aus den USA, aus Kanada, England und Österreich. Wir werden an diesem Abend zu einer kleinen Familie. Vereint durch die neu entdeckte Liebe zu Paolas Weinen.

Am Ende des Abends ist es als würden wir uns schon ewig kennen. Mit 4 Kisten Wein bepackt verlassen wir den Hof und sind uns einig, das beste Andenken an den Italienurlaub ergattert zu haben.

Und bei Paola waren wir sicher auch nicht zum letzten Mal.

Weinprobe Paola Massa

Piemont
Durch durch die Dörfer in den Weinbergen

Dörfer in den Weinbergen: Neive und La Morra

In der Region gibt es einige kleine Dörfer, die man nachmittags besichtigen kann. Wir haben uns Neive und La Morra angeschaut. In jedem dieser Orte kann man flanieren, auf der Plaza sitzen und den Blick über die Weinhügel schweifen lassen. Und natürlich gibt es überall „Cantinas“, Weinproben und schicke Restaurants.

Besonders gut haben mir allerdings die Weinberge selbst in Piemont gefallen. This is where the magic happens.

Weinberge Piemont La Morra

Wineyards Winberge Weinberg Piemont Italien

Fotos: Raphael & Athene Pi Permantier

Streetart San Francisco – Spaziergang durch Mission

Mission: Der Stadtteil in San Francisco für alle, die es bunt und lateinamerikanisch mögen. Ich war von der ersten Sekunde an in dieses Viertel verliebt. Stundenlang bin ich durch die Straßen gelaufen und habe Graffitis gesucht – und gefunden. Hier zeige ich euch meine liebsten Ecken in Mission.

Große Städte erkunde ich am liebsten zu Fuß. Schritt für Schritt. Viertel für Viertel. Und in den Ecken, wo es mir besonders gut gefällt, setze ich mich hin und genieße den Ort. So auch auf meiner Reise durch Kalifornien. Der erste Stopp vor meinem Roadtrip war San Francisco. Und den Mission District habe ich ab der ersten Sekunde geliebt. – Aus ganzem Herzen. Auf der Suche nach einer SIM-Karte lief ich die Valencia Street runter und es säuselte immer wieder in meinen Ohren. Alle um mich herum sprachen mexikanisches Spanisch. Als großer Mexiko-Fan war es mir unmöglich wegzuhören.

In jedem Shop steht es dir frei, Spanisch oder Englisch zu sprechen. Oder beides gemischt. Kein Problem. Ich biege auf die 24th Street: Das Herzstück des Latino-Viertels. Bei jedem Taco-Laden läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Es riecht so unendlich gut. Sogar mexikanische Bäckereien gibt es hier. Wer einmal süße Streuselbrötchen in Mexiko probiert hat, versteht mein Glücksgefühl, als ich sie in der Auslage entdecke. Sie schmecken einfach himmlisch.

Mission San Francisco

Streetart in Mission

Ganze Gassen voller Bilder und Graffitis warten in Mission auf euch. Ganze Wände leuchten euch in bunten Farben entgegen: Kunst, die ihr im vorbeigehen bewundern könnt. Wunderschöne Murals, die sich mit den unterschiedlichsten Themen befassen: mit der Kunstszene in Mission zum Beispiel. Viele Bilder sind aber auch große politische Statements. Viele Kunstwerke spiegeln die vielen Schicksale der Einwanderer in San Francisco wider. Menschen, die in die USA gekommen sind. Auf der Suche nach Hoffnung und einer besseren Zukunft. Viele von ihnen haben ihre Familien zurückgelassen, um Geld zu verdienen. Wer sich Zeit nimmt, kann bei einem Spaziergang durch Mission viel staunen und lernen.

 

San Francisco Street Art Mission

Balmy Alley

Zwischen 24th Street, 25th Street und Treat Street und Harrison Street

In dieser kleinen Gasse reiht sich ein Kunstwerk neben das andere. Gelb, gün, orange, lila – leuchtend und grell: Alle erdenklichen Farben reihen sich aneinander. Immer wieder bleibe ich stehen um jedem einzelnen Werk Aufmerksamkeit zu schenken. Denn jedes erzählt eine ganz eigene Geschichte. Die ersten Bilder in dieser Straße sind in den 80ern gemalt worden. – Schon damals haben sich viele der Kunstwerke mit Menschenrechten und Politik beschäftigt. Heute geht es bei vielen der Werke aber auch um den Wandel San Franciscos: Teure Mieten, Gentrifizierung und die Probleme der Bewohner das Leben in ihrer eigenen Stadt bezahlen zu können.

 

Manche Wandbilder erzählen so eine starke Geschichte, dass mir bei ihrem Anblick die Tränen kommen. Ja, ich bin nah am Wasser gebaut. Vor allem die Geschichten der getrennten Paare gehen mir nah. Geschichten über Menschen, die nicht wissen, ob sie sich jemals wiedersehen. Weil einer von beiden versucht, Geld in den USA zu verdienen.

Andere Gemälde sind wiederum so hoffnungsvoll und farbenfroh, dass ich minutenlang davor stehen bleibe, um mich mit der Freude, die sie ausstrahlen aufzuladen.

 

Clarion Alley

Zwischen der 17th und 18th Street und Mission Street und Valencia Street.

Auch in dieser Gasse sind alle Wände voll mit bunten Kunstwerken. Immer wieder trifft man Künstler, die ihr neustes Werk an die Wand bringen. Die unterschiedlichsten Kunst-Stile reihen sich aneinander. Mein Lieblingsbild: Einhörner, die sich küssen und die Demokratie bejubeln. Natürlich unter Regenbogen Farben.

 

Mission San Francisco Mural

Mission San Francisco

Weitere Kunstwerke:

Carnaval Mural – Ecke 24th Street und South Van Ness Ave. Dieses Bild ist auch bekannt als „Golden Dreams of the Mission.“

Women’s Building Maestra Peace Mural – 18th Street und San Francisco.

Ein Kunstwerk, um die Frauen in aller Welt zu würdigen.

Mural Mission Kalifornien

Second Hand Shops

In Mission kannst du endlos Thrift shoppen gehen. Und es macht so viel Spaß! Warum immer neu kaufen?

Richtig günstig ist es im „The Salvation Army Family Store“ und im „Community Thrift“. Das sind eher klassische Second Hand Läden, in denen du viel suchen musst. Wenn du etwas findest, ist es dann aber sofort ein richtiger Schnapper.

Stylish ist der „Buffalo Exchange“ in der Valencia Street. Hier sind die Klamotten ausgewählt und wunderbar sortiert. Dafür aber natürlich etwas teurer. Ich habe bei Buffalo bisher bei jedem meiner San Francisco Besuche etwas gefunden. „Mission Thrift“ ist ähnlich: Hier sind die Kleider sogar nach Farben sortiert. Das sieht echt klasse aus!

Schöne Cafés in Mission

Auf der 24th gibt es unendlich viele Cafés und Restaurants. Leider hatte ich nicht genügend Zeit, in jedem einen Kaffee zu probieren. Aber zwei Cafés möchte ich euch besonders ans Herz legen. Beide befinden sich in dieser Straße.

Philz Coffee

In San Francisco ist Philz ein großer Name: Hier wird der sogenannte Drip Coffee ganz langsam zubereitet. Du suchst dir die passende Kaffeebohne aus und dann wartest du bis der Kaffee für dich durchgelaufen ist. Inzwischen gibt es in Kalifornien mehrere Läden von Philz Coffee. Der erste hat aber im Jahr 2003 in San Francisco – im Mission District. Die Idee dahinter: Trinke den Kaffee, der besonders gut zu dir passt. Also die perfekte Bohne. Obwohl du hier keinen Caffe Latte bekommst, fand ich Philz Coffee außerordentlich gut.

San Francisco Cafe

Haus Coffee

Dieses Café ist der feuchte Traum für alle, die unabhängig am Laptop arbeiten. Ein Café voller MacBook Pros. Eins neben dem anderen. Und hinter den Computern sitzen Menschen, die in die Tasten hauen und vor sich hin denken. Sie sehen wirklich alle sehr produktiv aus. Ich war alleine unterwegs und habe mich an einen der Tische am Fenster gesetzt. Ein Einzeltisch mit Blick auf die Straßen. Stundenlang habe ich hier gesessen und einen Barista-Café nach dem anderen genossen. Günstig ist dieses Café nicht, aber wirklich angenehm. Und lecker.

San Francisco Mission

Mission: Gefühl von einer Reise nach Lateinamerika

Allein die frische Brise in San Francisco erinnert mich daran, dass ich in Kalifornien bin. Und nicht in Mexiko. Und natürlich die hübschen Häuser im typischen San Francisco-Style.

Aber, sobald ich die Augen schließe und nur den Menschen zuhöre, reise ich kurz in mein geliebtes Mexiko. Im Taco-Laden bestelle ich mir alles mit der extra scharfen Sauce. Und während mir deshalb die Tränen kommen, fühle ich die Wärme, die in meinem Bauch aufsteigt. Für mich ist Mission das schönste Viertel in San Francisco. Und das liegt vor allem an den Menschen, die dort leben.

Hassliebe USA: Zahnpastalächeln, Leichtigkeit & Zuckerwatte

Wie findest du die USA? Schwierige Frage, finde ich. Immerhin geht es hier um 50 Bundesstaaten und viele Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen. Es gibt Teile von mir, die haben sich geschworen nie wieder hierher zu kommen. Und nun sitze ich in einem Airbnb in Santa Cruz. Und habe wieder dieses wundervolle Herzklopfen. Es ist eben nicht so einfach. Ich versuche euch dieses Gefühl näher zu bringen. Vielleicht könnt ihr es nachempfinden.

In die USA reise ich vorerst nicht mehr!“ Mehrmals habe ich diesen Satz laut ausgesprochen und ernst gemeint. Ich war ja schonmal in Kalifornien und gebe zu: Es war schön. Aber nochmal hin? Spätestens seit ein gewisser Mr T. Präsident ist, hatte ich keine Lust mehr den weiten Flug auf mich zu nehmen, um dann stundenlang an der Grenze zu stehen. Und darauf zu warten, dass ich gnädigerweise in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gelassen werde. Für drei Wochen Urlaub. Und diese ganzen Fragen schon vor dem Abflug am Flughafen: „Was machen sie genau in den USA? Und wie heisst ihr Freund? Und haben sie auch ständig auf ihr Gepäck geachtet? Bla bla bla…“ Ihr kennt das Spiel.

Aber das Leben hört nunmal nicht auf meine Pläne und fixen Sprüche. Jetzt lebt meine beste Freundin in San Francisco und ist vor kurzem Mutter geworden. Für mich war das der beste Grund überhaupt, nochmal nach Kalifornien zu reisen. Ich hatte im Prinzip keine Wahl, wenn ich das Baby noch im Babyalter kennenlernen möchte. Die wachsen aber auch wirklich so schnell. Ja ja, ein Omaspruch. Ist aber so! Also habe ich mir einen Flug gekauft und mich kurz darauf daran erinnert, dass mein ESTA inzwischen natürlich abgelaufen ist. War ja klar. Das kommt also auch noch dazu. Alle Kästchen online richtig anklicken und hoffen, dass man „durchgewunken“ wird.

San Francisco Mission Mural

Liften ohne Erfolg

Dann geht es los. Zusammen mit meiner Flugangst setze ich mich in den Flieger nach San Francisco. Nach zwei Stunden Wartezeit bei der Einreise bin ich endlich im Land. Ich bestelle mir ein „Lyft Line“ per App. Zum ersten Mal möchte ich diesen Service ausprobieren. Mir gefällt die Idee, dass ich mir ein Taxi mit mehreren Leuten teile, die in die gleiche Richtung fahren möchten. Allerdings kenne ich mich in San Francisco noch gar nicht aus und habe kein Internet. Als der Fahrer hält, steige ich aus und denke: Endlich angekommen! Aber nein. Ich suche vergeblich nach der Hausnummer, wo ich hinmöchte und merke: Ich befinde mich sechs Blocks davon entfernt.

Schade. Mit Groll im Bauch und meinem riesigen Koffer an der Hand laufe ich über die Hügel San Franciscos. Keine Ahnung, warum das passiert ist. Vielleicht einfach ein Fehler? Oder hatte der Fahrer großen Zeitdruck, um genug Geld zu verdienen und hat daher einfach eine beliebige Stelle gewählt? Alles ist möglich. Ich werde es wohl nie erfahren. Nach 15 Minuten Krafttraining bin ich endlich angekommen und müde in die Arme meiner Freundin gefallen.

Kalifornien: Menschen aus aller Welt

Als ich kurz darauf durch die Straßen von Mission in San Francisco laufe, im Tacos essen zu gehen, bin ich wieder total begeistert. Viele lächelnde und wohlwollende Gesichter und spanischer Singsang in meinen Ohren. Ich merke: Der Groll ist weg. Es ist eben nicht so einfach. Schublade auf. Schublade zu. Das funktioniert nicht. Dieses Land hat so viele Seiten. Hier leben so viele verschiedenste Menschen. Und viele davon sind hergekommen, weil sie Träume hatten. Für sich oder ihre Kinder. Sie wollten etwas erreichen und sind in die USA eingewandert. Haben Mut, Hoffnung und ihre Kultur eingepackt und haben sich in den Staaten ein neues Leben aufgebaut. In Tijuana haben wir einige kennengelernt, die monatelang auf ihre Einreisemöglichkeit gewartet haben.

Und die, die ich an jenem Tag in San Francisco sehe, haben es geschafft. Da, wo sich viele Menschen treffen und zusammenleben, entsteht etwas Neues.

USA San Francisco

Etwas Smalltalk to go

Es gibt viele kleine Details dieser Kultur, die ich schön-schrecklich finde. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich in einen Shop gehe und angestrahlt werde. Und gefragt werde, wie es mir heute geht. Und genauso schnell bin ich wieder traurig, wenn ich merke, dass die Antwort eigentlich keinen interessiert. Schade. Warum fragt ihr dann?

Aber es schwingt eine Leichtigkeit mit in jedem „How are you today?“ Die gefällt mir sehr.

First come – first drive

Ein anderes Thema sind die Autos. Innerlich raste ich jedes Mal wieder aus, wenn ich sehe, wieviel Platz die Autos in den USA bekommen. Und wie wenig Platz die Menschen im Vergleich dazu haben. Sobald ich aber im Auto sitze und die Perspektive ändere, bin ich wieder hellauf begeistert. Kein stressiges Hupen. Kein nahes Auffahren. Im Verkehr geht es hier vergleichsweise ruhig zu. Die Autos halten brav an jedem der vielen Stop-Schilder an. Auch wenn weit und breit kein Mensch und kein Auto zu sehen ist. Und dann geht es gemächlich weiter. Casual 35 Miles per hour. Maximal.

Als ich das erste mal an einer Kreuzung stand mit 4 Stop-Schildern – also einem an jeder Ecke – hatte ich viele Fragezeichen im Kopf. „Und nun?“ habe ich mich gefragt. Die Antwort ist leicht: Es fährt, wer als erster an der Kreuzung angekommen ist. Und so geht es dann weiter. Einer nach dem anderen. Ganz entspannt. Wenn mal unklar ist, wer zuerst da war. Einfach kurz warten und per Blickkontakt abstimmen. Auch das funktioniert hier einwandfrei. Da macht Auto fahren noch viel mehr Spaß als zu Hause. Auch die mega großen Parkplätze machen beim Einparken Spaß. Nehmen aber natürlich leider viel Platz weg. Zugegebenermaßen gibt es hier aber auch einfach mehr Platz.

Geh bitte, sobald du aufgegessen hast.

Oder nehmen wir diese Situation im Restaurant: Möchten Sie noch etwas?“ „Nein danke.“ „Ok, hier die Rechnung.“ Was ist da los? Eben war die Kellnerin noch meine beste Freundin und hatte einen flotten Spruch nach dem anderen auf den Lippen. Und jetzt will sie mich loswerden?

Auch das habe ich auf die harte Tour gelernt. Sobald du nichts mehr bestellst im Restaurant liegt sofort die Rechnung auf deinem Tisch. Zack zack zahlen tschö. Aber Trinkgeld bitte dalassen.

Dabei sitze ich so gerne stundenlang am Tisch und nippe an meinem Wein. Das gefällt mir gar nicht. Aber aus betriebswirtlicher Sicht: So kann man bestimmt einige Leute mehr durch den Betrieb schleusen. Das sehe ich ein.

Santa Cruz Beach Kalifornien Strand
Santa Cruz Broadwalk

Be part of our family

Als ich auf meinem Roadtrip in Santa Cruz ankomme, wartet mein Airbnb-Host Brenda mit einem Lächeln auf mich. Es fühlt sich gleich an, als würden wir uns schon ewig kennen. Sie zeigt mit das kunterbunte Haus und die Hühner im Garten. Und ich fühle mich sofort wohl bei dieser Familie. Ich darf die komplette Küche mit benutzen und abends laden sie mich ein, mit ihnen am Feuer zu sitzen. Die Großmütter sind dabei, denn auch sie wohnen im Haus.

Außerdem sind Freunde gekommen. Mit denen tauschen sich die Hosts über ihre Businesses aus. Den davon haben sie alle mehrere: Wellness-Angebote, Kältekammer, Floatation-Pools… und alle hoffen darauf, dass sie mit ihrem Unternehmen durchstarten. Und sind dabei total optimistisch, Feuer und Flamme und voller Freude. Überall funkelt die Begeisterung.

So viel Hoffnung bei kleinen eigenen unternehmerischen Ideen. Das habe ich bei einem Feierabendbierchen in Deutschland lange nicht gesehen. Das macht Mut. Gespannt lausche ich stundenlang und wünsche ihnen von Herzen, dass die Pläne aufgehen. Aber falls nicht: Keine Sorge! Ein echter Unternehmer hat sicher bald eine neue Idee.

Amerika: Grenzenloser Optimismus

Dieser grenzenlose Optimismus ist für mich blauäugig und inspirierend zugleich. Diese Leichtigkeit nimmt mich in ihren Bann. Was würdest du tun, wenn du keine Angst mehr vorm Scheitern hättest? Und wo kann ich mir diese Leichtigkeit antrainieren? Gibt es dafür einen Kurs? Oder kann man die kaufen?

Amerika. Anziehend und abstoßend zugleich. Tag und Nacht. Schön und schaurig. Kunterbunt und grau. Süß und sauer. Zuckerwatte und Zahnschmerzen. Dieses Land passt ganz sicher in keine Schublade.

Kirmes Kalifornien USA
Santa Cruz Broadwalk

Auf ein buntes Abenteuer

Amerika. USA. Du erinnerst mich ein bisschen an diesen einen Typen mit dem Zahnpasta-Lächeln. Das war nichts ernstes. Aber er war süß und spannend. Die perfekte Begleitung für die Kirmes. Aber gleichzeitig war er immer etwas unverbindlich und für meinen Geschmack zu sehr „easy going“. Ich wusste nie genau woran ich bei ihm bin. Und wohin das führt – mit uns. Er war so geheimnisvoll. Hat aber vielen gleichzeitig schöne Augen gemacht. Deshalb konnte aus uns nicht „mehr“ werden. Aber das muss es auch nicht.

Manchmal ist es einfach ein schönes buntes Abenteuer. So eins, das auch nach vielen Jahren Abstinenz noch Spaß macht. Deshalb, Kalifornien: Ich werde wiederkommen. Wahrscheinlich.

Venice Beach Kalifornien USA

Tipps für Kalifornien: Venice Beach oder Los Angeles?

Wenn ich an Venice Beach denke, erinnere ich mich an endlosen Sand, entspannte Menschen und Surfer. Ein richtiges Urlaubs- und Entspannungsparadies im Vergleich zu Los Angeles. Ich war heilfroh, dass wir uns für eine Unterkunft in der Nähe des Strandes entschieden haben: In Venice! Hier gibt es alle Tipps für euch.

Stop and Go. Ganz langsam geht es rein nach Los Angeles. Wir kommen auf unserem Roadtrip aus dem Norden. Wir wollen noch bis nach San Diego weiterfahren. Unsere Unterkunft auf dieser Etappe liegt in der Nähe des Strandes in Venice Beach und der Weg dorthin scheint endlos. Es ist schon dunkel. Ein Lichtermeer aus Scheinwerfern und Straßenlaternen rechts und links. Dieses gepunktete Dunkel, das einem vor allem dann Kribbeln im Bauch macht, wenn man die Stadt noch nicht gut kennt. City of Stars. Wer wohnt hier wohl in der Gegend? Wir sind nicht in den berühmten Hollywood Hills, die spätestens in jeder GNTM-Staffel wieder gezeigt werden. Der Sunset Boulevard ist das auch nicht. Es ist einfach eine Straße in L.A.

Los Angeles
Walk of fame

Unsere Unterkunft in Venice Beach

Als wir irgendwann dann doch – gefühlt nach Stunden – an unserer Unterkunft in Venice Beach ankommen, empfängt uns Gastgeber Matthew freundlich und ich möchte fast sagen: Typisch amerikanisch. Er ist Airbnb Host, er kennt das Spiel: Fragt uns woher wir sind, was wir bisher gesehen haben, wie uns Kalifornien gefällt, wie oft wir Airbnb machen, ob wir WLAN brauchen und überhaupt: „Amaaaaaaaazing, dass wir am Start sind.“

Matthews Wohnung ist viel zu groß für ihn und seine zwei alten Hunde: Das sind Bruce und Arnold, benannt nach Bruce Willis und Arnold Schwarzenegger. An den Namen sind angeblich seine Eltern schuld. Es sind in die zwei ältesten Hunde, die ich je kennengelernt habe. Angeblich haben sie auch Wachhundqualitäten. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass sie einen Einbrecher früh genug hören würden. Die Gäste, die hier regelmäßig übernachten, passen wahrscheinlich einfach mit auf die Wohnung auf. Wir bekommen noch 20 Tipps, wo wir überall Essen gehen könnten, obwohl wir nur wenige Nächte hier sind und dann fallen wir wie Steine ins Bett.

Los Angeles Surfer
Venice Beach

Im Vergleich zu LA gibt es in Venice frische Luft

Am nächsten Morgen bin ich froh, das wir hier in der Nähe des Meeres übernachten und nicht in Downtown Los Angeles. Auf der Fahrt hierher war die Luft so stickig, doch seit wir in Venice sind, ist sie wie ausgewechselt: Von irgendwoher kommt immer eine salzige frische Brise vom Meer.

Unser Gastgeber leiht uns alte Beachcruiser. Das sind Fahrräder, die genau zu einer Sache gut sind: Die Strandpromenade in einem Gang entlangfahren, also cruisen. Ich empfehle jedem, der nach Venice kommt ein Fahrrad: Wie so häufig in den USA sind die Wege weiter als sie auf der Karte vorher wirken. Mit dem Rad kannst du im Venedig Kaliforniens in kurzer Zeit alles sehen und dich dabei noch fühlen wie der schönste Beachboy oder das schönste Beachgirl der Welt. Die Kanäle schlängeln sich durch Venice und ich kann mir genau vorstellen, warum sich Abbot Kinney damals gefühlt hat wie in Venedig in Italien.

Los Angeles USA
Kanäle in Venice Beach

Ein Muss: Die Promenade von Venice

Die Strandpromenade von Venice ist ein ganz besonderer Ort: Am Muscle Beach stehen jeden Tag muskelbepackte Menschen und stählen ihre Körper in der prallen Sonne. Drum herum immer ein paar Menschen, die wie wir gucken, ob das wirklich so klischeehaft ist. Und ja: So ist es.

Unendlich viele Souvenirläden reihen sich aneinander, mit Fahrtwind im Haar geht es immer weiter am Strand entlang: Auf der einen Seite die Geschäfte, auf der anderen Seite etwas grün, Palmen und dahinter dieser unfassbar weite Strand, der wie so vieles in den USA sehr groß geraten ist. – Und damit ein Gefühl von Freiheit suggeriert: einfach weil Strand da ist, hast du das Gefühl du könntest ewig da langrennen, surfen, Rad schlagen oder dich verbuddeln. Einfach sein.

Surfer Los Angeles USA
Veniche Beach: Mittags und abends schön!
Los Angeles Sunset
Venice Beach

Tipp: Mit dem Beachcruiser den Strand entlang

Zwischen Promenade und Strand schlängelt sich noch ein extra Radweg entlang. An einer extra dafür vorgesehenen Mauer sprayen den ganzen Tag lang Menschen ihre Graffiti-Kunst. Venice Beach ist ständig in Bewegung. Und zwischen den vielen Touristen fallen die Unikate auf, die dort zu leben scheinen: Ein Mann mit Klamotten als wolle er einem Papagei Konkurrenz machen gleitet grazil wie eine Eiskunstläuferin auf alten Rollschuhen an uns vorbei und erntet – wie wahrscheinlich jeden Tag – anerkennende Blicke von: „Das will ich mich auch trauen. Und überhaupt: Cooler Mensch.“

Los Angeles Streetart
Venice Beach

In einem kleinen Laden werden Longboards verkauft, originale Longboards aus Kalifornien – noch so ein Fortbewegungsmittel, das zu Venice einfach dazugehört. Auf jeder Straße fahren neben Autos Menschen auf Longboards herum. Und es scheint mit, als würden alle Locals sich kennen. Oder wenigstens schätzen. Als wir zum Stand kommen, wo Surfboards verliehen werden, sollen wir dem Owner „liebe Grüße“ von Gastgeber Matthew sagen. Dann gibt es angeblich ein wenig Rabatt. Ich sehe zwar in den Augen des Boardverleihers, dass er nicht wirklich weiss, wer Matt sein soll. Aber egal. Er sollte ihn wohl kennen und gibt uns die Boards zwei Dollar günstiger.

Urlaub in der Serienkulisse

Als ich nach dem Surfen am Strand sitze, fühle ich mich wie in einer amerikanischen Serie. Als wäre ich in einem Fernwehmoment in meinen Fernseher geklettert: Sonne pur, kleine Wellen und lauter Menschen die auf ihren (Surf-)Longboards über die glitzernden Wellen tanzen, als wäre das das Leichteste von der Welt. Ist es nicht, aber es sieht fantastisch aus. Dazu der helle Sand unter den Füßen, warm mit diesem Gefühl nach Ferien von früher.

Los Angeles USA
Venice Beach

Ich merke schnell, dass Venice der Ort ist, wo ich mich wirklich wohlfühlen kann. Wir fahren nur kurz für einen Tagesausflug nach Los Angeles. Ich bin sicher wir haben viel verpasst. Aber im Zweifel bin ich für den Ort, der einen wirklich Urlaub machen lässt – ganz ohne Stress. Und ich hatte das Gefühl: Venice ist so ein Ort. Dort könnte ich mir auch vorstellen einmal hinzukommen und länger zu bleiben. Natürlich hätte ich dann einen eigenen Beachcruiser und ein Surfboard.

P.S. In der Nähe ist auch das Diner von O.C. California! Es lohnt sich, einen Abstecher zu machen.

Los Angeles
Huntington Beach: Surf-Car

Fotos: Raphael Pi Permantier