Nach der tollen Zeit in Santa Cruz, Cambria und Pismo Beach geht es auf die letzte Etappe: Ich fahre nach Santa Monica bevor ich von Los Angeles zurückfliege. Der letzte Teil meines Roadtrips alleine. Fest steht: Lange Autofahrten mag ich noch immer nicht. Jeder Zwischenstop am Meer lohnt sich. Lest hier wie das letzte Stück meiner Reise war. Am Ende habe ich Tipps für euren Roadtrip zusammengefasst.
Hier gelangt ihr zu Teil 1 und Teil 2 des Trips.
Zwischenstopp in Santa Barbara und Malibu
Auf dem Weg halte ich erst in Santa Barbara und schaue den Skatern zu. Sie sausen durch die Halfpipe und springen mit ihrem Mut um die Wette. Und ich bewundere sie wie damals mit 13 am Elisenbrunnen in Aachen.
Mit dem Herzen voller Nostalgie fahre ich weiter in Richtung Süden. Und stoppe in Malibu. Das hatte ich mir ewig vorgenommen. Die Sonne strahlt wie erhofft. Ich drehe Malibu von Miley Cyrus auf dem Handy auf und stehe da – mit Blick auf das Meer; Und die Vögel; Und den Strand. Es ist einfach ein kleiner Popsong. Weil aber gerade alles zusammenpasst, werden die Noten zu fliegenden Glücksgefühlen, die um mich herumfliegen und mich einhüllen in Freude und Dankbarkeit. Ich habe es fast geschafft. Bald bin ich in Santa Monica. Ich kann anhalten wo ich möchte. Mit mir an meiner Seite fühle ich mich vollkommen und frei.
Es macht unendlich viel Spaß. Diesen Trip und diese Reise hätte ich mir vorher nie ausmalen können.
Santa Monica & Los Angeles
In Santa Monica wohne ich bei einem Bekannten meiner besten Freundin. Bill hat zwei kleine Gartenhäuser hinter seinem Haupthaus. Und in einem davon darf ich wohnen. Er zeigt mir das Häuschen mit den großen Fenstern. Und ich fühle mich wie Ryan in seinem Pool-Haus in O.C. California. Mit dem feinen Unterschied, dass es hier keinen Pool gibt. Aber das sind Details. Ich habe ein Bad, ein Bett, eine Küche und bin in 10 Minuten zu Fuß am Strand. Was will ich mehr.
L.A.: City of Cars
Ich stelle mein Auto ab und beschließe nur noch wenig zu fahren. Denn Los Angeles ist voller Stau. Mein Handy bestätigt es. Für ein paar Kilometer zur Melrose Avenue brauche ich mindestens eine Stunde. Das tue ich mir nicht an und bestelle mir ein Lyft-Line – ein geteiltes Taxi.
Gemeinsam mit anderen Fahrgästen machen wir uns auf den Weg durch die vollen Straßen von Los Angeles. City of Stars? Das ist wirklich die City of Cars!
Stehen. Rollen. Stehen. Stehen. Der Lyft-Fahrer erzählt, dass er diese Fahrt nur angenommen hat, um ein paar Dollar extra zu verdienen. Denn wer fünf Fahrten am Stück macht (5 in a row) verdient ein bisschen was dazu. Ich merke wie sehr er diese Entscheidung bereut. Er ist müde. Das lohnt sich nicht. Die zusätzlichen Dollar werden für den Sprit im Stau draufgehen. Traurig. So viele Menschen mit Träumen ziehen jeden Tag durch L.A. Und so wenige Träume werden am Ende wahr.
Melrose Avenue
Zwei mal baut der müde Fahrer fast einen Unfall. Ich bin froh, als ich nach 90 Minuten aussteigen darf und muss lachen:
Ich gestehe, ich bin hierher gefahren, um ein paar der typischen „Los Angeles-Fotos zu machen.“ Lohnt sich das? Keine Ahnung. Aber mir macht es Spaß durch die Straße zu laufen, die Schaufenster der bunten und teuren Boutiquen zu bewundern und nach Wandgemälden zu suchen.
Im Abendlicht knipse ich die Neonbilder. Und stelle mich an, um auch ein Bild vor dem Engel zu haben. Als Andenken. Das ist längst nichts besonderes mehr. Und doch finde ich das Motiv wunderschön. Es passt zum Ort und zu meiner Reise. Und ich bin dankbar, als ein junges Mädchen ein paar Bilder von mir vor den Flügeln aufnimmt. Meine Reise. Mein Moment. Mein Andenken. Meine Flügel.
Hinterher gehe ich in ein hübsches Restaurant. „How many?“ „Just me“. Kurz werde ich rot, als ich einen Tisch nur für mich bestelle. Und sobald ich sitze, genieße ich es. Ich habe Ruhe und Zeit. Zwischendurch schnappe ich Gesprächsfetzen um mich herum auf. Es geht um… Filmemacher und Storytelling. Ironisch, denke ich. Als gäbe es in Los Angeles keine anderen Themen als Filme und Hollywood. Ein lustiger Zufall.
Ich bestelle eine Burger-Bowl und in Vorfreude auf Fleisch läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Umso enttäuschter bin ich, als ich hinterher merke: Das Restaurant ist vegan. Und mein Burger auch. Mist – da hätte ich besser aufpassen müssen. Gleichzeitig finde ich es unfassbar komisch, dass ich gerade in Kalifornien in so ein Restaurant laufe. Schade nur, dass hier nicht nur am Fleisch sondern auch an Salz und Geschmack gespart wird. Morgen gibt es definitiv wieder mexikanisch!
Santa Monica Beach
Zurück am Strand bin ich froh, dass es alles wieder ruhig und entspannt ist. Und dankbar, dass mir diese Reise so viel Freude macht.
Ich dachte vorher schon: Das läuft alles zu gut. Wo sind die Schatten? Klar, die gibt es immer. Da sind die Lyft-Fahrer. Die vielen zersplitterten Träume am Wegesrand. Leute, die hier wegziehen, weil sie es sich einfach nicht leisten können. Wer genau hinsieht, kann viele dunkle Flecken finden.
Aber in Santa Monica wirkt alles ein bisschen zu einfach und schön. Am nächsten Tag mache ich mich auf den Weg an den Strand.
Die Straßen sind doppelt so breit wie nötig wäre. Überall ist Platz und Palmen. Ich fühle mich als wäre ich in die Kulisse einer meiner Serien gefallen. Plums.
Neben mir joggen Leute mit ihrem Hund in Richtung Strand. Andere tragen Yoga-Matten zu den Palmen an der Steilküste. Und trainieren dort mit Blick auf das Meer. Ich stelle mir vor, wie es wohl wäre, hier zu leben. Was könnte ich hier wohl arbeiten? Keine Ahnung. Aber Yoga in Strandnähe würde ich jeden Tag machen. Das steht fest.
Santa Monica Pier
Über eine lange Holztreppe geht es runter an den Strand von Santa Monica. Er ist wirklich endlos. Kilometer voller Sand. Rechts geht es nach Malibu und links nach Venice.
Über drei Kilometer ist Venice entfernt, sagt mir mein Handy. Und ich laufe los. Erstmal geht es zur Kirmes: Zum Santa Monica Pier.
Am Strand fahren viele Leute mit Fahrrädern oder mit kleinen Elektro-Rollern, die man sich hier mieten kann. Ich entscheide mich zu laufen. Dabei bekomme ich mehr von meiner Umgebung mit.
Mal laufe ich vorne an der Brandung und mal spaziere ich über den befestigten Weg. Immer wieder sausen Menschen mit strahlenden Gesichtern an mir vorbei. Manche wagen sich sogar zu zweit auf die kleinen Elektro-Roller. Sie werden richtig schnell. Wahnsinn!
Auf dem Boulevard spielt ein Typ Schlagzeug und pimpt damit die Popmusik, die aus seinen billigen Boxen scheppert. Er macht eine große Show daraus und ich stehe mit vielen anderen Bewunderern drum herum und feiere ihn. Über mir donnert die kleine Achterbahn vorbei. „Der Blick von da oben muss der Hammer sein – so aufs Meer,“ denke ich und traue mich doch nicht drauf.
Zuckerwatte, Churros, Nüsse, Äpfel im Schokomantel – oder doch lieber Hot Dogs, Tacos, Chili Cheese Fries oder Pizza? Hier gibt es jedes erdenkliche Fastfood für teures Geld. Ich begnüge mich damit die vielen bunten Schilder zu bewundern bevor ich weiter in Richtung Venice ziehe.
Gleich hinter dem Pier kann man alles wieder abtrainieren, wenn man mag: Denn hier stehen vielerlei Sportgeräte herum: Ringe, Reck und andere Dinge, mit denen ich im Sportunterricht schon nichts anfangen konnte. Und daneben Slacklines und Yoga-Matten im Sand. Fitness ist hier Lifestyle. Nach Feierabend treffen sich hier viele Leute und machen Sport mit Blick aufs Meer. Es ist wirklich sehr viel schöner als mein olles Fitness-Studio in Karlsruhe.
Venice Beach
Der Weg zieht sich. Das macht aber nichts, weil die Weite und der Blick aufs Meer entschädigt. Schließlich erreiche ich Venice Beach. Schilder am Strand heißen mich Willkommen. Rechts unter den Palmen stehen Zelte. Daneben liegen Schlafsäcke. Hier wohnen einige Obdachlose und organisieren sich in kleinen Wohngruppen.
Ich flaniere durch die bunten Straßen. Zum Glück gibt es auch hier in Abbot Kinney einige schöne Gemälde an der Wand. Und viele kleine, ausgefallene Boutiquen auch. Wer nicht will, muss nicht bis zur Melrose Avenue fahren. In einem kleinen mexikanischen Restaurant bestelle ich mir Margeritas und Tacos und stelle fest: Ans alleine essen gewöhnt man sich schnell.
Die Sonne wird orange und zeigt an, dass es Abend wird. Ich bin anfällig für schönes Licht und es überkommt mich. Auf einmal ist dieses Gefühl da: Angekommen. Geschafft. Endstation. Ich. Hier und jetzt.
Freigelassener Mut ist schwer zu fangen
Da wo vorher ein großer Haufen Zweifel, Angst und „Was wäre wenn“-Gedanken waren, ist plötzlich diese Ruhe.
Ich sitze in Venice am Strand und schaue den Surfern zu. Unter mir der warme Sand, der den ganzen Tag von der Sonne angelacht worden ist. Er kuschelt sich an. Meine Füße buddeln sich tiefer zwischen die Körner.
Weder an Morgen noch an Übermorgen denke ich. Auch nicht an gestern. Da ist nur das „Jetzt“. Das Meer, ich, das Herzklopfen, die Wellen. Da ist das Salz in der Luft. Und Wind im Haar. Und ein Gefühl von: Ich bin auf dem richtigen Weg. Alles ist gut. Ich fühle mich unbesiegbar und stark. Ein Gefühl, das ich ewig vermisst hatte. Und auf einmal ist es da. Als hätte sich in mir eine Tür geöffnet. Die Tür zu meiner Stärke, von der ich vergessen hatte, wo sie ist. Ich hatte gehofft, dass es sie gibt, aber den Weg zu ihr habe ich nicht mehr gefunden.
Es fühlt sich an, als würden mir Flügel wachsen. Unsichtbar – aber haltbar. Ich mache mit dem Herzen ein Foto von diesem Moment, um mich daran zu erinnern, wenn die Flügel schwach werden.
Tipps für euren Roadtrip alleine:
Wie lange traut ihr euch?
Für mich war klar: Ich reise keine drei Wochen alleine. Ich probiere es aus. Und starte daher mit einer Woche. Rückblickend kann ich sagen: Auch zwei Wochen wären kein Problem gewesen. Aber da ist jeder anders. Überleg dir vorher genau, wieviel alleine du aushalten – und dir gönnen möchtest.
Welche Länder kommen in Frage?
Ich habe mich für Kalifornien entschieden. Wohl wissend, dass es mir das Land leicht machen wird. Ich war vorher mal dort und ich kann die Sprache. Und das ist meiner Meinung nach der Schlüssel: Die erste Reise kann gut in ein Land gehen, dessen Sprache man beherrscht. Das macht den Kontakt und das Verständnis für die Kultur leichter.
Welche Unterkünfte sind passend für mich?
Ich habe mich bewusst für Unterkünfte entschieden, bei denen ich nicht komplett allein bin. Motels kamen für mich bei dieser Reise nicht in Frage. (Schon allein, weil ich die ultra gruselig finde). Ich habe in Privatzimmern übernachtet, die ich alle bei Airbnb gefunden habe. Und damit habe ich mich sehr wohlgefühlt.
Was tun gegen Angst?
Dagegen habe ich kein Patentrezept. Wenn jemand eins gefunden hat, möge er es mich wissen lassen. Ich kann nur aus Erfahrung sagen: Nimm deine Angst ernst. Aber lass nicht zu, dass sie dich lähmt.
Denn meine Angst kommt immer wieder. Und trotzdem stelle ich mich der Angst: Beim Fliegen, Surfen oder Auto fahren. Egal. Es gehört dazu. Und wenn ich es schaffe, mich der Angst zu stellen, wachse ich über mich hinaus. Und das macht stärker.
Hier gibt es Teil 1 und Teil 2 des Roadtrips
P.S.
Am allerliebsten reise ich nach wie vor mit meinem Mann Raphael. Das wusste ich schon bevor wir zusammengekommen sind. Denn wir sind auf einer Reise ein Paar geworden. Ich wollte aber immer auch mal ausprobieren alleine zu reisen. Und ich bin unglaublich froh, es getan zu haben. Es ist ein “Plus” in meinem Leben. Denn es gibt noch so vieles da draussen zu sehen. Und Raphael hat nich so viele Hummeln im Arsch wie ich. Und so kann ich in Zukunft beides genießen: Reisen mit ihm und reisen mit mir.