Gedanken: Mein Abschied vom Sommer

Das helle Licht küsst mich auf die Wange. Ein letztes Mal. Die Sonne verschwindet hinter den Häusern, hinterlässt ihren warmen Duft nach „alles ist möglich“ und ich höre sie rufen: „Bis nächstes Jahr! Liebe Grüße, dein Sommer. XOXO.“ Während es dunkler wird, breitet sich die Leere in mir aus. Und der Schmerz krabbelt meine Arme hoch.

Ernsthaft? Das soll es gewesen sein? Einsam stehe ich auf meinem Balkon aus Stein. Die alten Mauern speichern die Restwärme und verwandeln mein Sommerglück in Abschiedsschmerz. Wohin gehst du? Warum lässt du mich allein? Wirfst mich weg und es wird laufen wie jedes Mal. Mein Herz kann nicht ohne dich. Wenn du in neun Monaten wieder an mein Fenster klopfst, werde ich erwachen mit klopfendem Herzen. Werde dir die Türen und Fenster öffnen und es zulassen, dass deine Schönheit mich high macht. Wieder. Wie jedes Mal – seit 32 Jahren.

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Es ist als hätte ich nichts gelernt. „Verschließ dein Herz, haben sie gesagt. Lass nicht zu, dass du zu seiner Marionette wirst. Willenlos. Dass du all deine Pläne änderst sobald er da ist. Lass es nicht zu.“ Und während sie mich warnen, nehme ich dich bei der Hand. Immer wieder. Tanze mit dir durch den warmen Sommerregen, wenn das Wasser sofort verdampft. Wenn der Regen das Gesicht streichelt und die Luft sogar in der Großstadt für einen kurzen Moment duften lässt, wie mitten in der grünen Natur. Stehe am Rhein, lasse den Blick in die Ferne wandern und fühle mich auf einmal wie am Meer. Geblendet von der Schönheit meiner Umgebung und dankbar hier sein zu dürfen.

Ich habe gelernt: Mein Herz ist in diesem Fall unbelehrbar. Weil du es mit Konfetti bewirfst. Immer wieder. Weil deine warmen Sonnenstrahlen, zauberhafter sind, als die schönste Schneeflocke. Weil ich morgens aus dem Bett springe und dem Tag ins Gesicht lachen kann. Denn du bist da und sorgst dafür, dass das Leben heller ist. Sorgst dafür, dass sich der Alltag für einen Moment nicht anfühlt, wie ein Sack voller Zement. Weil das geschmolzene Eis neben der Waffel mir zeigt, wie kostbar die schönsten Momente sind.

Dir kann ich nie böse sein, denn du bringst mich dazu die Ängste zu überwinden. Wellen anzupaddeln, nachts in kleine Boote auf dem Meer zu steigen und ohne Ziel loszureisen. Denn du gibst mir dieses Gefühl von „alles wird gut.“

Ich weiß, ich soll dich nicht glorifizieren. Aber für mich ist es nicht, wie andere sagen: Du warst nicht früher attraktiver oder sonniger oder heller. Du bist wunderbar, unendlich schön – mit all deinen Gewitterwolken, Hitzewellen und anderen Macken.

Komm wieder, lieber Sommer. Dann weiß zumindest ich worauf ich warte. Jeden Tag. Ich vertraue dir. Bisher hast du jedes Mal Wort gehalten.

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Sommer in Panama

Fotos: Raphael Timm